Ingo Rentschler
Wo ist die Kunst?
Oder der Zusammenhang von Erkennen und Fühlen
Erkenntnis ohne Gefühl, Gefühl ohne Erkenntnis
»… {Die} Gleichgültigkeit gegen Realität und das Interesse am Schein {sind} eine wahre Erweiterung der Menschheit und ein entschiedener Schritt zur Kultur.«
Dies ist ein Zitat, aber es ist nicht dem »IRIS News Letter« der Firma Silicon Graphics entnommen. Dort erfährt man in der Ausgabe vom 6. September, 1993, lediglich, daß sich derzeit (auch) Deutschland im »Dino-Fieber« befindet und daß die »lebensechten Urviecher« des Kinofilms »Jurassic Park« durch die Computer des Hauses möglich wurden. Den Satz schreibt Friedrich Schiller 1795 in seiner Abhandlung »Über die ästhetische Erziehung des Menschen in einer Reihe von Briefen« (26. Brief). Er proklamiert dort die Erziehung durch Kunst als eine Erziehung zur Freiheit, was unter dem Einfluß der 1790 veröffentlichten »Kritik der Urteilskraft« von Immanuel Kant (3. Aufl. Berlin, 1799, Analytik des Schönen, S. 15) geschieht. Der Philosoph behauptet dort aber lediglich,
»… daß ein ästhetisches Urteil einzig in seiner Art sei, und schlechterdings kein Erkenntnis (auch nicht ein verworrenes) vom Objekt gebe, welches letztere nur durch ein logisches Urteil geschieht;«
Und er ergänzt:
»Das Urteil heißt auch eben darum ästhetisch, weil der Bestimmungsgrund desselben kein Begriff, sondern das Gefühl (des inneren Sinns) jener Einhelligkeit im Spiele der Gemütskräfte ist, sofern sie nur empfunden werden kann.«
Kant hat derart mit der dritten seiner Kritiken die Geltung des Geschmacksbegriffs als eines selbstständigen Prinzips der Urteilskraft begründet. Er hat die Legitimation der subjektiven Allgemeinheit des Geschmacksurteils aber, wie Hans-Georg Gadamer in seiner »Hermeneutik« (Bd. I, Kap….