SUSANNE BOECKER
Wirklich wahr!
Realitätsversprechen von Fotografien
Ruhrlandmuseum Essen, Essen, 6.6. – 26.9.2004
Natürlich wissen wir alle längst, dass das Märchen von den bösen Bildern, die so tun als seien sie wahr, in Wirklichkeit den Betrachter aber böse täuschen und hinter’s Licht führen, einen durchaus ernst zu nehmenden wahren Kern hat. Spätestens seit Entwicklung der digitalen Techniken ist der gute Ruf des fotografischen Bildes dahin, gehört der Kinderglaube an die “Wahrheit der Fotografie” der Vergangenheit an. Und doch trennen wir uns nur ungern von der vertrauten Vorstellung, dass Fotografien die Wirklichkeit zeigen und in diesem Sinne “echt wirklich” sind. Galt doch diese Wahrheit bislang als besonderes Qualitätsmerkmal des fotografischen Bildes insbesondere auch gegenüber ihrer Konkurrentin, der Malerei. Ihre “Echtheit”, ihre qua Produktionsprozess unauflösliche Verbindung an die Wirklichkeit, unterschied die Fotografie prinzipiell von anderen bildnerischen Hervorbringungen. Mit unvergleichlicher Hingabe hat Roland Barthes seinerzeit in seiner Schrift “Die helle Kammer” den “fotografischen Referenten” beschworen: “… nicht die möglicherweise reale Sache, auf die ein Bild oder ein Zeichen verweist, sondern die notwendig reale Sache, die vor dem Objektiv platziert war und ohne die es keine Fotografie gäbe.”
Heute, rund 25 Jahre nach Erscheinen dieser wichtigen Publikation, zielt die Frage nach den Realitätsversprechen von Fotografien nicht länger auf eine Überprüfung des vermeintlichen Wahrheitsgehalts der Abbildungen. Die kritische Aufmerksamkeit fotografischen Bildern gegenüber hat sich verschoben: Ausschlaggebend zum Verständnis sind nun vor allem die Kontexte, in denen Fotografien entstehen und präsentiert werden. Wie kompliziert und verschachtelt die Verhältnisse heutzutage sind, dokumentiert die äußerst sehenswerte Ausstellung “Wirklich wahr! Realitätsversprechen von…