Jürgen Kisters
Wilhelm Hein
»Todesbilder«
Kunsthaus Rhenania, Köln, 30.6. – 15.7.1990
In Zeiten deutsch-deutscher Euphorie und neu erwachten Nationalstolzes verschwinden die skeptischen Töne zur deutschen Geschichte und Kultur vielfach in den Bereich des Unhörbaren. Vor allem Stimmen, die an das Unerhörte der nationalsozialistischen Vergangenheit erinnern, sind für viele ein unerwünschter Mißklang im deutschen Geschichtsbild. Nürnberger Parteitage und Auschwitz, kruppstahlharte Männer und die eiserne Disziplin der Frauen sollen nach der Ansicht gegenwärtiger Deutschlandbegeisterter ein für allemal erledigt und vergessen sein. Nun ist es mehr als eine überflüssig zu erwähnende Banalität, daß nur diejenigen angemessen die Gegenwart und Zukunft gestalten können, die die Vergangenheit kennen. Die Beschäftigung der zeitgenössischen Kunst mit den aktuellen “deutschen” Ereignissen reicht dabei vielfach nicht über ein persiflierendes Amusement hinaus. In Zeiten spektakulärer Medienberichterstattung und leichtverdaulicher Unterhaltungskost ist es unattraktiv und schwer geworden, mit den Mitteln der Kunst einen seriösen Diskurs über vergangene und gegenwärtige Geschichte zu führen.
Der Kölner Underground-Filmemacher Wilhelm Hein, der seit jüngster Zeit auch als Maler tätig ist, ist nachhaltig von der Notwendigkeit einer solchen kritischen Vergangenheitsdiskussion überzeugt, die nicht zuletzt auch mit den Möglichkeiten der Kunst gestaltet werden sollte. Kunst spielt nicht im luftleeren Raum, sondern in einer ganz bestimmten gesellschaftlichen Situation. Diese ist nach wie vor durch einen “deutschen Geist” geprägt, der Auschwitz möglich machte und 45 Jahre danach noch immer in einem ganz gewöhnlichen alltäglichen Faschismus lebt. Im Verweis auf die eigenen Kindertage im Dritten Reich nennt Wilhelm Hein die Beschäftigung mit der Ideologie dieser Zeit als zentralen Dreh- und Angelpunkt seiner künstlerischen Tätigkeit…