Judith Elisabeth Weiss
Wie leben?
»Zukunftsbilder von Malewitsch bis Fujimoto«
Wilhelm-Hack-Museum, Ludwigshafen, 5.12.2015 – 28.3.2016
Im Mai 1972 begann das ZDF mit der Ausstrahlung der Serie Raumschiff Enterprise, die das Szenario einer glorreichen Zukunft für das Jahr 2020 entwarf. Mit der Überwindung von Raum und Zeit durch ausgeklügelte technische Erfindungen nebst einer optimistisch gestimmten Verantwortungsethik konstruierte die Serie eine bestechende Science-Fiction-Vision, die den Abschied von politischen Repressionen, von Rassismus und ökonomischer Ausbeutung feierte. Der denkbar sprechende Titel Morgen ist gestern der ersten Folge der Kultserie bringt das gesamte Dilemma jeglichen Nachdenkens über Zukunft treffend auf den Punkt: Zukunft ist und bleibt uneinsehbar – sie wird stets nur als vergangene Zukunft erfahrbar. Die Ausstellung im Wilhelm-Hack-Museum Ludwigshafen präsentiert Zukunftsbilder in einer Zeitspanne von knapp hundert Jahren und macht genau dies deutlich: dass nämlich Bilder von der Zukunft immer Schnee von gestern und dennoch von gesteigerter Virulenz sind, weil sie Einblicke in die jeweiligen historischen Gegenwarten geben. Mehr noch, sie zeigen auf erhellende Weise, wie der menschliche Geist dem technischen Wandel mit seinen Fantasien einerseits vorauseilt, eben in die Zukunft, andererseits ihm verhaftet bleibt und nach praktikablen zukunftsweisenden Wegen des Zusammenlebens sucht. Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft sind, so die wichtigste Erkenntnis der Schau, Zeiterfahrungen, die in der Zusammenschau historisches Bewusstsein mit Blick auf Gestern, Kritik am Jetzt und Verantwortung für Morgen geradezu einklagen. Wie leben? – die simple Frage der Ausstellung mit den zentralen Themenkomplexen Wohnen und Arbeiten ist insofern klug gestellt, denn sie betont die immer neue Aktualität des Nachdenkens über die Zukunft…