Paolo Bianchi
Wie Joe Fig Ateliers als Miniaturmodelle nachbaut
Mit dem Spürsinn eines Forschers sucht der Künstler Joe Fig namhafte Künstlerkollegen auf, um deren Ateliers zu fotografieren und sie selbst zu befragen. Als Ergebnisse seiner Besuche entstehen Werke, die er schlicht „Tisch-Skulpturen“ beziehungsweise ganz einfach „Skulpturen“ nennt. In Wirklichkeit aber handelt es sich dabei um minuziöse Rekonstruktionen en miniature von Arbeitssituationen und Atelieransichten mit einer dermaßen hohen Realitätsdarstellung, dass man sogar den Markennamen auf den winzigen Sprühlackdosen zu entziffern vermag. Seine Anordnungen wie Tischchen oder Puppenstube ermöglichen einen Blick in eine ansonsten verschlossene Welt. In seiner Methode erinnert Fig an die Arbeiten von Kunstfotografen wie James Casebere, Thomas Demand, Laurie Simmons und Oliver Boberg, die ebenfalls Miniaturmodelle bauen, um sodann mit dem Medium Fotografie die Idee der Konstruktion von Wirklichkeit im Bild zu hinterfragen.
Romantik und Theatralik
Joe Fig baut die „Tisch-Skulpturen“ im Miniaturformat mal von ordentlichen, mal von eher chaotisch strukturierten Arbeitstischen verschiedener Maler, darunter Chuck Close, Julie Mehretu, Alexis Rockman und Fred Tomaselli. Bemerkenswert sind das große Geschick und die Obsession für eine möglichst wirklichkeitsgetreue Wiedergabe auch der kleinsten Details, einem Modelleisenbahnbastler nicht unähnlich.
Die „Skulpturen“ von Joe Fig sind maßstabsgetreue Miniaturen von Künstlerateliers. Die Grundlage dafür bilden die Fotos und Skizzen, die er vor Ort in den Studios erarbeiten konnte. So sind Darstellungen von Hülle, Innenraum, Werk und Künstler entstanden. Nicht nur, dass die Ateliers bis ins Mikrostrukturelle neu erstellt werden, er fertigt auch Repliken von den Kunstwerken an und bildet sogar die Gestalt des jeweiligen Künstlers nach. Wer zum ersten…