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Titel: Outside USA · S. 144 - 145
Titel: Outside USA , 1991

Western Art

Der amerikanische Westen, sei er nun wirklich oder nur eingebildet, hat seit den frühesten Forschungen auf diesem Gebiet in den Köpfen sowohl der Amerikaner wie auch der Europäer einen besonderen Stellenwert gehabt. Der Westen war das Gebiet von Versprechen: das Versprechen immer neuer Naturwunder; wesentlicherer, unverstellterer Kulturwerte, die auf den natürlichen Trieben des Menschen beruhen; der Freiheit von überkommenen, sei es physischen, sei es ideologischen Zwängen; und natürlich das Versprechen endloser Ausdehnung in der Weite des Raums oder aber der persönlichen Vollendung. Im Unterschied zu den exotischen Ländern Chinas, Indiens oder Afrikas wurde die un-europäische Natur des amerikanischen Westens nie als sonderlich befremdend oder unverständlich wahrgenommen, sondern eher als Erweiterung – oder möglicherweise als Sublimation – europäischer Sehnsüchte verstanden. Seit seiner Entdeckung war er ein integrierter Bestandteil westlichen Denkens, ein konsequenter und ständiger Aspekt dieser neuen Welt, die Europa durch die Kühnheit eines Kolumbus zugänglich wurde.

Seit den ersten Jahren des 19. Jahrhunderts sind Künstler gen Westen gezogen, doch die Gesamtheit ihrer Werke läßt sich nicht in einer Kunstkategorie zusammenfassen, sondern zelebriert die Beharrlichkeit eines Gemütszustands. Der Begriff des Westens ist nicht in die Grenzen einer bestimmten historischen Zeit oder eines geographischen Raums eingeschlossen; er hat sich angesichts drastischer Veränderungen und trotz der heftigen Urteile objektiven Forschens erhalten. Er hat sich behaglich in einer liebgewonnenen Ecke des Geistes niedergelassen, bewahrt dort den Glanz besonderer Erregung und strahlt Andeutungen eines Abenteuers aus, das die Windstille des irdischen Daseins und des so unbarmherzig Sachlichen ausgleicht. Doch der “Westen” bedeutet gerade nicht Flucht;…

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