Hajo Schiff
Wessen Geschichte
Kunstverein in Hamburg, 12. 1. – 22. 3. 2008
Selten kann ein Ausstellungskonzept so klar in den gezeigten Arbeiten wieder gefunden werden: Geschichte ist eine Konstruktion individueller Geschichten. Dabei gibt es nicht nur persönliche Varianten des Geschehenen, auch das, was passieren könnte, kann die Verortung des Einzelnen bestimmen. Dessen Biographie kann kaum frei sein von Bezügen auf die Geschichte seiner Heimat – aber die ist selbst eine stetig medial umgeformte Erzählung. Nun ist es erfreulicherweise nicht so, dass die neun Künstlerinnen, Künstler und Künstlergruppen in der Ausstellung nur einen theoretischen Diskurs illustrieren. Es sind individuelle Positionen, denen gegenüber die Betrachter auch ihre eigene Geschichte einbringen können.
Eine verbrennende Flagge steht am Beginn der Ausstellung. Doch gegen welche Nation, gegen welche Ideologie die Aktion gerichtet ist, bleibt offen: Der Film des Rumänen Mircea Cantor zeigt nur den dunklen Schatten des enigmatischen Vorgangs. Welche Gesellschaftsform es heute zu verherrlichen gilt, daran lässt Gabriel Kuri aus Mexiko keinen Zweifel: Er erhebt die billigsten Kassenzettel zur Edelform handgewebter Gobelins. Allerdings werden diese mit gleich vielen Demonstrationschildern konfrontiert. Doch nicht mit Worten oder Zeichen wird hier argumentiert, die auf Stangen aufgespannten Transparente sind Notfalldecken für den Katastropheneinsatz.
Eine eigenartige Bedrohung geht von der Doppelprojektion des 1970 geborenen Andreas Bunte aus. Menschleere Stadttopoi und wie nach einer hitzigen Diskussion spontan verlassene Innenräume deuten ein Unbehaustsein im Innen wie im Außen an, das sich auf den deutschen Terrorismus des Geburtsjahrzehnts des in Berlin lebenden Künstlers beziehen könnte. Text-Collagen auf Seiten von Architektur- und Politikzeitschriften der Zeit an…