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Ausstellungen: Hamburg · von Rainer Unruh · S. 325 - 325
Ausstellungen: Hamburg , 2003

RAINER UNRUH
Werner Büttner – Verkehrte Welt

Deichtorhallen, Hamburg, 6.6. – 24.8.2003

Lachschwielen” heißt das erste Werk Werner Büttners, auf das der Besucher stößt. Es hängt gleich neben der Garderobe und vor dem Eingang zur Ausstellung. Man sieht einen Brunnen mit Bacchus-Kopf, dem das Wasser aus dem Mund sprudelt, flankiert von einer Art Venusfigur, die vom Christentum adoptiert und mit Engelsflügeln ausstaffiert wurde. Links daneben hat ein Huhn aus Draht braune Eier (gesund!) ausgebrütet, der Hintergrund ist weiß (sauber!). Wie ein Scherenschnitt erstreckt sich im Hintergrund eine von Säulen eingefasste Bergkulisse, über der sich ein gestirnter Himmel erhebt. Ein Bild, so deutsch, deutscher geht es kaum. Und zugleich der perfekte Auftakt für eine Ausstellung, die den 1954 in Jena geborenen und heute in Hamburg lebenden Werner Büttner als einen Künstler vorstellt, dessen Humor ebenso informiert wie anarchistisch ist, also das genaue Gegenteil dessen, was heute von der konsensbesessenen Spaßgesellschaft goutiert wird.

Die Ausstellung ist keine klassische Retrospektive, die das Werk chronologisch aufarbeitet. Ältere Arbeiten, oft Gemälde, hängen neben neueren Werken, meist Collagen, die am Computer entstanden sind. Malte Büttner sich 1983 als Selbst mit gefangenen Gänsen, die er am Hals packt, so zeigt er sich in einem C-Print von 2000 als einen Scheinheiligen, dessen Heiligenschein eine Bratwurstschnecke bildet. Die Medien wechseln, was konstant bleibt, ist der hellwache Blick auf die Gegenwart und eine Haltung, die man vielleicht am besten als Unkorrumpierbarkeit bezeichnen kann. Den Rechten wird es missfallen, dass er ihre Law-and-Order-Gesinnung in dem Gemälde “So ergeht es allen Kinderfickern” (1984) als Lynchjustiz…


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