Fragen zur Zeit
Wenn das Warten auf sich warten lässt
Michael Hübl
Wie geht der Staat mit der Kunst um, die er in Auftrag gibt? Ein Negativbeispiel
Auf einem Felssporn am Rande der Altstadt von Znojmo (deutsch: Znaim)1steht – eine knappe Eisenbahnviertelstunde von der Grenze zu Österreich entfernt – die Rotunde der heiligen Katharina (tschechisch: Rotunda svaté Kateřiny), ein unscheinbarer Rundbau aus geschichteten Bruchsteinen. Seine Besichtigung ist streng reglementiert. Temperatur-, Feuchtigkeits- und Lichtsensoren liefern fortlaufend Daten über die klimatischen Verhältnisse im Innern der Ende des 11. Jahrhunderts errichteten, durchgängig mit romanischen Fresken ausgemalten Kapelle. Von den Messergebnissen hängt ab, ob ein Besuch möglich ist oder nicht.2Der Schutz der Malereien hat unbedingten Vorrang. Ortswechsel, Zeitenwende – von Südmähren nach Baden-Württemberg, vom Mittelalter in die Gegenwart des frühen 21. Jahrhunderts. In einem Außenbezirk von Karlsruhe, am Rande des Hardtwalds steht eine Plastik der Hamburger Bildhauerin Elisabeth Wagner. Das Werk fällt in die Kategorie ‚Kunst im öffentlichen Raum‘. Wagner hatte einen beschränkten Wettbewerb gewonnen, bei dem es darum ging, das neu erbaute Kreiswehrersatzamt um ein ästhetisches Statement zu ergänzen. Die Künstlerin, die bei Wilhelm Loth in Karlsruhe und Franz Erhard Walther in Hamburg studiert hatte, fand mit ihrer Arbeit Umzug (1992)3zu einer ebenso klugen wie stringenten skulpturalen Formulierung. Das Werk ist nun, wie viele seiner Art, gefährdet, bei Erscheinen dieses Texts vielleicht sogar vernichtet. Und wirkt – so oder so – wie ein Symbol für den gesellschaftlichen Status quo.
Der teilweise über sieben Meter hohen Stahlplastik droht, abgeräumt oder gar verschrottet zu werden. Das hat mit…