MARCUS LÜTKEMEYER
Welt als Mattscheibe
»Schock Sensor 2«
Städtische Galerie im Rathauspark Gladbeck, 30.11.2001 – 3.2.2002
Wurde noch vor 400 Jahren gegen den abendländischen Irrglauben gefochten, die Erde sei eine Scheibe, lässt sich heute die Welt über Oberflächen erschließen – scheinbar ohne Widerhaken und Untiefen. So leben wir im Zeitalter des Bildschirms, der nicht nur neue Wahrnehmungsformen eingeführt hat, sondern den Blick auf die Wirklichkeit maßgeblich steuert.
An den modernen Medien geschulte Sehgewohnheiten mobilisiert auch “Schock Sensor 2”, eine zweizügige Ausstellung, die nach Bozen nun in Gladbeck gastiert. In der Städtischen Galerie im Rathauspark sind Markus Draper, Eberhard Havekost und Sophia Schama angetreten, mit ihren Pinseln an überkommenen und auch liebgewonnenen Sehgewohnheiten zu sägen – hat es doch Tradition dem visuellen Schein zu verfallen, um bequem in das wohlige Reich hausgemachter Imagination einzutauchen. Dabei eint die drei jungen Künstler nicht nur das Bestreben, unter der Oberfläche des Vertrauten zu stöbern. Ihre (vordergründig) figurativen Bildfindungen erproben auch, inwiefern Malerei unter Wahrung ihrer eigenen Wirklichkeit relevante Inhalte transportieren kann.
Und es wundert kaum, dass die drei Akteure dem Dunstkreis des sogenannten Dresden-Pop entstammen, einer Generation junger (ost-)deutscher Maler, die sich spätestens seit der opulent dokumentierten Ausstellung “Bildwechsel, Malerei aus Sachsen und Thüringen” zum Exportschlager gemausert hat. Aber abseits eines gewissen kuratorischen Chics sollte man sich die Frage stellen, warum gerade die sächsische Landeshauptstadt eine solche Bandbreite außergewöhnlicher Maler hervorbringt. Ein Schelm, wer hier an den “individualistischen Ansatz” von Baselitz denkt, nach dem die deutsche Malerei sich nur dort entwickeln könne, wo sich der einzelne Künstler auf…
