Jean Baudrillard:
Weder Zukunft noch Ende
Die Reversion der Geschichte
Es wird kein Ende geben, weil wir im Exzeß des Endes sind – Exzeß des Endes: das Transfinale – der Exzeß der Finalitäten: Transfinalität. Der Exzeß der Finalitäten erzeugt die endlosen Turbulenzen. So wie in der Chaostheorie, wo Prämissen und Folgen völlig verschieden sind. In der klassischen Chaostheorie gibt es eine Hypersensibilität für die Anfangsbedingungen, die eine Unregelmäßigkeit im Prozeßablauf erzeugen, ein Ausbrechen aus der linearen Ordnung und folglich eine völlige Unbestimmtheit (die Unmöglichkeit, die zukünftige Entwicklung und das Ende vorauszusehen). Es scheint, als sei hier das Umgekehrte der Fall. Durch eine Art Hypersensibilität für die finalen Bedingungen beschleunigen sich die extremen Phänomene, die modernen Prozesse, und stürzen ihrem Ende entgegen, wie durch eine Komplusion (Zusammenfallen) von Vollendung und Vergehen, wie durch einen Wirbel hin zu ihrem eigentlichen Ende (oder einfach an das Ende des Jahrhunderts, der symbolischen Jahrtausendwende?) krümmt sich die Geschichte durch ihre Beschleunigung und löst sich auf in einer Vielzahl von Wirbeln, die, umgekehrt, in die Unordnung zurückfallen (Inversion der Zeitphase) oder ins Zentrum des einen einzigen Hauptwirbels (Ursprung? Die Folgen suchen ihre eigene Ursache zu erreichen). Das, was da bei der Beschleunigung der Geschichte passiert, ist eine chaotische Turbulenz, die jeglicher Linearität ein Ende macht, und damit auch jedwedem möglichen Ende. (Das, was wir unter dem “Abstieg in den Mahlstrom” bei Edgar A. Poe verstehen; das, was an diesem Typ der Verwirbelung hin zum Zentrum des Strudels interessiert, ist nicht das Sich-Anklammern an mächtigen Wrackteilen, sondern eher an leichteren…