Amine Haase
Wechselnd wild und schön häßlich
Die paradoxe junge deutsche Malerei und
ihre expressionistischen Stiefväter
von Amine Haase
“Interessante Bilder aus Deutschland”, “Gegen-Bilder”, “Rundschau Deutschland”, “Bildwechsel” – vier Ausstellungstitel. Junge deutsche Künstler geben sich selbstbewußt und aggressiv, wenn sie sich der Öffentlichkeit stellen. “Wilde” oder “Kraftmaler” werden sie, je nach Sympathie, genannt. So laut wie sie in den Ausstellungs-Wald hineinrufen, so gewaltig schallt es auch zurück. Theoretiker setzen speziell gezüchtete Stammbäume in den Kunstgarten. Große Namen werden da keineswegs kleinlich aufgepflanzt: Gauguin, van Gogh, Munch, Ensor, die französischen Fauves – allen voran Matisse -, die deutschen Expressionisten – vorzugsweise die Maler der “Brücke” und des “Blauen Reiter” – Picasso und Picabia. Die Besten der Kunstrebellen und -märtyrer sollen als Urahnen und Ahnen herhalten. Als Väter werden Francis Bacon oder William de Kooning herbeizitiert, inzwischen auch Georg Baselitz oder gar Gerhard Richter.
Ein “neuer Geist” weht durch die Malerei, wie ein Londoner Ausstellungstitel Anfang 1981 ankündigte. Vorerst scheint er vorzüglich alles durcheinanderzupusten. Der Wirbel kann vielleicht Phantasie freisetzen, aber die sollte keine Albträume erzeugen. Das allerdings kann bei dem Potpourri von Parallelen, die kreuz und quer durch die Kunstgeschichte und -gegenwart gezogen werden, schnell passieren.
Nun soll hier nicht ein “Traum der Vernunft” empfohlen werden, von dem Goya wußte, daß er “Ungeheuer gebiert”. Aber ein paar Überlegungen erscheinen notwendig, um eine Art des Wachzustandes wiederherzustellen, in dem wenigstens die Kunstbetrachter den Traum nicht mit dem Leben verwechseln, die Vergangenheit nicht mit der Gegenwart, die Avantgarde nicht mit der Nachhut.
Eine Reihe von Kunstvermittlern hat die Verdrehung…