WASSER UND WEIN
< ALKOHOL
Jesus von Nazareth rettete mit seinem ersten Wunder die peinliche Situation auf der Hochzeit eines entfernten Verwandten: Als die Gäste auf dem trockenen saßen, ließ er Wasser in Krüge füllen und verwandelte es in sechshundert Liter besten Weines.”1 Wolfgang Lechner beschreibt in einem Artikel über die Geschichte des Messweines, der laut Kirchenrecht übrigens absolut unverfälscht sein muss, dass der vergorene Traubensaft schon im biblischen Palästina als ein “uraltes Kultgetränk” gebräuchlich war: “Wein gehörte seit dem Auszug aus Ägypten als Trankopfer zu jedem Brand- und Friedensopfer, und Wein gab es neben dem ungesäuerten Brot beim Passahmahl der Juden.”2
Zur überlieferten sakral-mythologischen Bedeutung des Weines in der griechischen und römischen Antike, im Judentum und im Christentum gesellte sich in der beginnenden Neuzeit ein wirtschaftshistorischer Wandel, der die kulturelle Besonderheit des Weines gegenüber allen anderen Alkoholika noch verstärkte: Nördlich der Alpen setzte sich Bier als Alltagsgetränk durch; den Weingenuss beschränkte man in den unteren und mittleren Gesellschaftsschichten fortan zumeist nur noch auf festliche Zusammenkünfte. Das hatte vor allem steuer- und zollrechtliche Gründe. Ein Fass Wein, das seinerzeit von Basel über den Rhein und die Nordsee zum dänischen Königshof transportiert wurde, verteuerte sich durch Zölle unterwegs um das Zwanzigfache.
Das dionysische Fest im Industriezeitalter
Im Juni 1994 führten das Institut français Freiburg und das Centre rhénan d’Art contemporain in Altkirch eine Ausstellung “Brot und Wein” durch, die von einem dreitägigen Kolloquium begleitet wurde. Während vierzehn eingeladene Künstler in den Weinregionen des Kaiserstuhls und des Elsaß mit ortsbezogenen Installationen einen “Leidensweg” konzipierten, theoretisierten die Teilnehmer…