Was würde Hilma af Klint machen?
Julia Voss zur Frage der Künstlerinnenkarrieren
Im Gespräch mit Heinz-Norbert Jocks
Auch wenn vieles in Bewegung gekommen ist, so sind Künstlerinnen immer noch benachteiligt. Julia Voss, 1974 in Frankfurt am Main geboren, hat sich als Kunstkritikerin, Wissenschaftshistorikerin und Journalistin wiederholt für Künstlerinnen stark gemacht, sich von starken Frauen inspirieren lassen und eine Biographie über Hilma af Klint geschrieben. Sie war stellvertretende Leiterin des Feuilletons der FAZ und ist seit 2015 Honorarprofessorin an der Leuphana Universität Lüneburg.
Heinz Norbert Jocks: Wiederholt haben Sie sich mit der Frage befasst, wie es kommt, dass auch in diesem Jahrhundert Frauen weniger erfolgreich in der Kunst sind als Männer? Könnten Sie die Gründe resümieren?
Julia Voss: „Gründe“ klingt mir fast zu sachlich, so als ob es sich gut und nachvollziehbar erklären ließe. Aber das Verschwinden der Frauen aus Kunst und Kunstgeschichte hat offenkundig viel mit Psychologie zu tun. Als die Kunsthistorikerin Linda Nochlin 1971 ihren berühmten Essay „Why Have There Been No Great Women Artists“ veröffentlichte, legte sie dar, wie Frauen aus der Kunstproduktion ausgeschlossen worden sind: von den Akademien, die ihnen den Zutritt die längste Zeit untersagten, den Förderern, Mäzenen oder Auftraggebern. Heute wissen wir, dass dieser Hürden nur ein Teil des Gesamtbildes sind. Es stimmt, Frauen wurden mit viel Energie immer wieder neue Steine in den Weg gerollt. Aber sie haben sich dagegengestemmt und wer heute noch behauptet, es habe keine „Great Women Artists“ gegeben, hat ein halbes Jahrhundert Forschung und Ausstellungspraxis verschlafen.
Es gibt viele Künstlerinnen des…