Michael Hübl
»warten«
KW (Kunst-Werke Berlin e.V.), 30.9.1999 – Februar 2000
»Sanatorium« bis Ende Mai 2000
Die Kunst-Werke, kurz: KW, sind nach dreijähriger Schließung und umfangreichen Renovierungsarbeiten wieder eröffnet. Sie waren einmal das Produkt geänderter Machtverhältnisse. Die Auflösung der Deutschen Demokratischen Republik war noch nicht lange vollzogen, da trat 1990 eine Gruppe junger Kunstvermittler (zu denen neben anderen Klaus Biesenbach, Alexandra Binswanger, Philipp von Doeriung und Alfonso Rutigliano gehörten) mit Ausstellungen und weiteren Veranstaltungen an die Öffentlichkeit. Als Schauplatz diente die Auguststraße in Berlin-Mitte. Zunächst nahm man eine ehemalige Likörfabrik in Beschlag, später das restlos heruntergekommene Areal einer aufgelösten Margarinefabrik, die noch zu DDR-Zeiten als Kulturstandort vorgesehen gewesen war. In diesem Ex-VEB richteten die Kunst-Werke ein Atelierhaus und ihre Organisationszentrale ein. Nachdem die aktuellen Besitzverhältnisse geklärt waren, wurde im Herbst 1991 erstmals eine Ausstellung in den notdürftig hergerichteten Räumen des Anwesens Auguststraße 69 gezeigt; Konzept und Auswahl besorgte die Leipziger Galerie eigen + art. Seither war man kontinuierlich präsent. Und neuerdings sind die KW baulich in einen Zustand versetzt, der diesen Ort zu einem Teil des offiziellen Berliner Kunstbetriebs macht.
Ihre kulturpolitische Position ist nur über einen Umweg angemessen einzuordnen. Er führt in den ehemaligen Westteil der Stadt. Dort werden der Bevölkerung (nach demokratischer Sprachregelung: dem Souverän) habhafte Aufstiegschancen geboten. Denn die neue alte Hauptstadt will hoch hinaus. Dafür bürgt nicht zuletzt der deutsche Bundestag im Reichstagsgebäude (so die amtliche Bezeichnung), der zur Bühne einer bemerkenswerten Dauer-Performance geworden ist. Ihr Ausgangspunkt liegt in der Tatsache, dass der Bundestag “dem deutschen Volke” prinzipiell offen…