Heinz-Norbert Jocks
Wang Jin
Pekinger Tatorte: Ein Atelierrundgang
„Ich mache Kunst nur für mich selber,“ betont Wang Jin gleich mehrfach in einem Gespräch, das wir nach der Besichtigung seiner 2006 fertiggestellten Arbeit „Wang“ in der Cafeteria des Today Art Museums in Peking führten. Zu sehen war da eine riesige, sich durch die Halle des Museums schlängelnde Wirbelsäule, deren Dimensionen das menschliche Maß zwar übersteigen, gleichwohl aber auf dieses mithilfe des Titels verweisen.
Wenn der 1962 in Datong, Provinz Shanxi, Geborene, der neben Skulpturen auch Fotografien, Objekte und Performances macht, darüber redet, was ihn bewog, eine Wirbelsäule zu konstruieren, so kommt er auf die Kontinuität seiner künstlerischen Arbeit zu sprechen und erinnert dabei an die Skulpturengruppen „Meine Knochen“ (2000) und „Meine Zähne“ (2001). Diese aus glasierter gebrannter Tonerde gestalteten Knochen wirken, als gehörten sie einer anderen, jenseits der unsrigen Zeit an. Doch das Übermenschliche ist von Menschenhand geformt und dadurch erst zur Anschauung gebracht. Wichtig an der Wirbelsäulenskulptur ist ihm, dass sie unabhängig vom kulturellen Zusammenhang existiert. Wiederholt setzte sich Wang Jin mit der Geschichte seines Landes auseinander. Um der Farbe Rot ihren ideologischen Beigeschmack zu nehmen, führte er 1994 die fotografisch festgehaltene Aktion „Fighting the Flood: red Flag Canal“ durch, bei der er 25 Kilo rotes Pigment in einem während der Kulturrevolution gebauten Kanal kippte. Deutbar war das sowohl als Hommage an all die Implikationen der chinesischen Fahne als auch als sanfter Versuch einer Entmythologisierung der roten Farbe. Mit seiner Arbeit „The Dream of China“ dringt der Künstler noch tiefer…