Michael Stoeber
Wang Du
»Transréalité«
Kestnergesellschaft, Hannover, 14.09-04.11.07
Es scheint, als liebten die Künstler der Gegenwart rhetorische Figuren, wie sie schon das kanonische Werk des Quintilian in der Antike auflistet. Eine der populärsten, in vielen künstlerischen Arbeiten der Moderne nachweisbaren Figuren ist die der Inversion, der Verkehrung. Sie hat ein großes Dach, unter dem sich viele Spielarten dieser Figur versammeln: die Verkehrung von Groß und Klein, Innen und Außen, Form und Inhalt, Teil und Ganzem et alii. Zu der Figur der Verkehrung lässt sich im Übrigen auch die Ironie zählen: eines sagen, ein anderes meinen. Was die Künstler zu allen Zeiten an der Verkehrung interessiert hat, ist der Aufmerksamkeitswert, der sich mit dieser Figur verbindet. Wenn ich die Dinge so schildere, wie sie dem Blick normalerweise nicht erscheinen, habe ich sofort die Aufmerksamkeit des Betrachters. Daher hat – wen wundert´s? – auch die zeitgenössische Werbung diese Figur für sich entdeckt oder – wie so oft – bei der Kunst abgeguckt. Zum Beispiel handhaben die Werbestrategen, die im Dienste der Lucky Strike-Zigarette stehen, diese Verkehrungsstrategie überaus amüsant und virtuos.
Einer der Künstler, der sich der Figur der Inversion in souveräner Weise bedient, ist der in Paris lebende Chinese Wang Du. In jedem Fall bei seiner aktuellen Ausstellung in der hannoverschen Kestnergesellschaft. Dort hat er in der oberen Etage, in der bel étage des Kunstinstituts, eine eindrucksvolle Installation gebaut, „Le berceau“ (2007), die auf mehrfacher Ebene mit der Figur der Verkehrung spielt. Wir sehen ein riesiges Bett in Form einer Wiege, in dem mühelos…