Renate Puvogel
Walter Kütz
»Entstehung der Arten«
Galerie Johnen & Schöttle, 27.4. – 26.5.1990
Ein Gewoge von auf und ab, kreuz und quer gleitenden, hangelnden, stürzenden und sich wieder aufschwingenden, prall gefüllten, schwarz glänzenden Körpern in einem provisorischen Gestell aus Latten und Stangen: Die raumbesetzende Arbeit “Entstehung der Arten” von Walter Kütz. Man meint, in das Laboratorium eines Biologen, in die Alchemistenstube eines Chemikers oder Präparators geraten zu sein. Doch deren Trophäen harren nicht zu illusionistischen Schauobjekten zurechtfrisiert säuberlich aufgereiht und ins Regal abgeschoben, sie scheinen sich der ordnenden Kraft ihres Schöpfers zu entwinden, brechen aus aus ihrem Käfig und führen einen Veitstanz mit- und gegeneinander auf. Ihre äußere Bewegtheit ist wesenhafter Ausdruck dieser seltsamen Kreaturen, denn sie sprengen nicht nur den Ort, sondern sind in einen Prozeß fortgesetzter Mutation eingebunden. Ausgehend von primitivsten tropfenförmigen, geschwänzten Spermen, entwickeln sich komplizierter gebildete Arten wie gleitende Amphibien oder plumpe Robben; manche Gebilde zeigen nur einzelne aufgeblähte Organe, ausfahrende Gliedmaßen, prachtvolle Hinterteile und markante Köpfe her. Lange Schläuche verbinden mehrere dieser kriechenden, baumelnden Blasen und suggerieren die sich wandelnde Gleichzeitigkeit verschiedener Aggregatzustände. Dem locker sich Aufschwingen ungestalteter Figuren links antwortet der kumulierende Sturz gespreizter Flügel rechts.
Es kommt nicht von ungefähr, daß Walter Kütz vor seiner Ausbildung bei Klaus Rinke in Düsseldorf Biologie und Geologie studiert hat, denn noch heute fesseln ihn insbesondere Entstehungs- und Wachstumsprozesse, Vergesellschaftungen unterschiedlicher, ja gegensätzlicher Gattungen, Übergänge von anorganischen zu organischen Stoffen. Aber anstatt diese Wandlungen von Werden und Vergehen wissenschaftlich aufzubereiten oder illusionistisch abzubilden, simuliert er sie mit künstlichen Formerfindungen und…