Walter de Maria
Museum Boymans-van-Beuningen Rotterdam
Auf dem blank geputzten braunen Kunststoffboden verteilt ein Rudel polierter Stäbe unterschiedlichen Zuschnitts aus Stahl; die Stäbe bilden eine Dreieckform mit abgebrochener Spitze. Von der ‘Spitze’ bis zur Basis vermehren sie sich in arithmetischer Reihung bei gleichbleibenden Abständen. Von Reihe zu Reihe verändert sich ebenfalls ihre Form. Zu Beginn sind es dreieckige Stäbe in Dreierreihe, zum Schluß 12eckige zu 12 Stück. Wirklich überschauen könnten wir Walter de Marias ‘A Computer Which Will Solve Every Problem in the World/3-12 Polygon’ aus dem Jahre 1984 nur von einer Art archimedischen Punkt, also aus der Vogelperspektive; wozu die Ausstellung im Rotterdamer Museum natürlich keine Gelegenheit bietet. Lediglich aus dem Erkannten können wir auf die äußere Form schließen, erblicken können wir sie nicht. Wir umrunden die Arbeit, und sie entpuppt sich prompt als dynamisches Kraftfeld, das sich unaufhörlich wandelt. Verwirrung stellt sich ein, unmittelbare Anschauung und apriorisches Wissen geraten in eine konfliktreiche Spannung. Das faktisch statische Bild der akribisch angeordneten Stäbe erweist sich bei jeder noch so geringfügigen Bewegung des Betrachters als ein offenes Kontinuum gebündelter Energie. Die Anschauung, das Seherlebnis, die facettenreiche Perspektivenverschiebung triumphiert alsbald über die gesicherte Erkenntnis des mathematischen Verstandes. Wir fühlen uns physisch gepackt, psychisch erregt durch dieses bedeutende Werk der zeitgenössischen Kunst, das uns dank seiner geistigen Klarheit und seiner formalen Schönheit buchstäblich die Augen öffnet. Was zählen noch die trockenen arithmetischen Operationen, mit deren Hilfe wir uns zunächst diese Bodenskulptur aneignen wollten? Walter de Maria, der seit langer Zeit wieder eine Einzelausstellung in einem…