THOMAS WULFFEN
Walkman
Berlin 1986
Versprochen wird ein Abenteuerfilm, in dem der Hörer (!) zugleich Schauspieler und Regisseur sein soll. Grundlage für dieses Erlebnis sind zwei Audiocassetten mit einer Gesamtdauer von 180 Minuten. Die werden in der DAAD-Galerie ausgeliehen und dienen dann als akustischer Wegweiser durch die Berliner Stadtlandschaft. Produziert wurde das Werk von dem Holländer Audio-Künstler Willem de Ridder, der seit mehreren Jahren mit dem Medium der Tonkassette arbeitet. Auf den diesjährigen ‘Inventionen’, einem Festival neuer Musik, war von ihm ein ‘Walkman Quartett für Publikum No. 6’ zu hören und zu sehen. Vier willkürliche ausgewählte Zuhörer trugen jeweils einen Walkman mit Kassette, von der sie Anweisungen für bestimmte Aktionen erhielten und dann ausführten. Was dort in kleinem Maßstab noch an frühere Fluxuszeiten erinnerte und durchaus seinen innovativen Charme besaß, konnte in größerem Maßstab nur schwer eine Übertragung finden. Jedenfalls legt das die Produktion für Berlin nahe, auch wenn Willem de Ridder bei ähnlichen Projekten in Wien und Los Angeles schon Erfahrung sammeln konnte. Wer beide Kassetten vollständig abhören will, muß sich Zeit nehmen, circa fünf Stunden. Die ersten zwei, drei Stunden sind interessant, weil die noch ungewohnte Erfahrung tatsächlich neue Eindrücke zuläßt. Willem de Ridder arbeitet mit der auf eine Geschichte bezogenen Uminterpretation des Vorhandenen. Da wird dann aus einer grüngekachelten U-Bahnstation ein ehemaliger Swimming-Pool eines unterirdischen Reiches. Diese Interpretationen entwickelt Willem de Ridder aus seiner Geschichte der Henriette (Henny) Porten heraus, die dann zuweilen auch sehr makabre Züge annimmt, wenn zum Beispiel Henny Porten gekocht wird, weil in der Nähe…