Susanne Boecker
Walker Evans: »New York«
Fotografien 1927 bis 1963
Museum Folkwang, Essen, 6.2. – 2.4.2000
Seine berühmtesten Fotos sind in dieser Ausstellung nicht zu sehen: die Portraits von Allie Mae und Floyd Burroughs oder das Gruppenbild der Familie von Bud Fields, die Walker Evans 1936 im Rahmen des Fotoprojektes der Farm Security Administration in Alabama aufnahm. Die vom J. Paul Getty Museum organisierte, nun in Essen als einziger Station in Deutschland gezeigte Ausstellung klammert diese Werkgruppe, die Evans’ fotografischen Ruhm begründete und auch von ihm selber immer als bedeutendster Teil seines Oeuvres angesehen wurde, ganz bewusst aus. Also keine Bilder vom ländlichen Amerika in der Zeit der wirtschaftlichen Depression der 30er Jahre, statt dessen Aufnahmen aus New York City. Insgesamt 80 Vintage Prints wählte Kuratorin Judith Keller aus den circa 1300 Arbeiten von Walker Evans umfassenden Beständen des Getty Museums aus.
40 Jahre lang, seit Mitte der 20er Jahre bis 1965, als er einem Ruf an die Yale University folgte, lebte Evans (1903-1975) in der Ostküsten-Metropole. 20 davon arbeitete er als Freelancer für verschiedene Zeitschriften, ab 1945 nahm er eine feste Stelle beim Magazin “Fortune” an. Ende der 20er Jahre entstanden Aufnahmen von Hochhäusern und der Brooklyn Bridge – leichte, abgehobene Bilder im Stil des “Neuen Sehens”, in denen die Schwere der realen Architekturen im Sinne ästhetischer Bildstrukturen aufgehoben wird. Ein luftiges Terrain, das Evans jedoch nicht lange interessierte. Er suchte sich seine Motive lieber auf dem Boden der Tatsachen respektive in den Straßen der Stadt. Hier war kein Platz für formalistische…