Frankfurt
WALK!
Schirn Kunsthalle 18.02.–22.05.2022
von Laura Helena Wurth
Die einfachste Art, von einem Ort zum anderen zu kommen, ist zu gehen. Schuhe an, raus und los. Doch gerade aus den vermeintlich simpelsten Dingen lassen sich oft die genauesten Analysen der Gegenwart ziehen.
Lucius Burckhardt hat 1976 gefragt, „Warum Landschaft schön ist“. Damit hatte er die Spaziergangswissenschaft begründet. Sie beschäftigt sich mit dem Gehen als kulturelle Praxis und dem Gehen als Form der Kunst. Burckhardt und seine Soziologie-Studierenden hatten in den 80er-Jahren sogenannte „Windshield Walks“ in Kassel veranstaltet, bei denen sie selbst Windschutzscheiben von Autos vor sich hielten und auf den sonst stark befahrenen Straßen entlanggingen. Das Ganze war bei der Polizei als „Versammlung in Bewegung“ angemeldet worden. Es ging um die Bewusstseinsschärfung durch den Perspektivwechsel, in Bezug auf den urbanen Raum, das Planen von Städten, aber auch den Menschen in der Stadt. Damals war das neu und irritierte viele. Doch seitdem ist viel passiert.
Was Gehen das ganz konkrete „einen Fuß vor den anderen setzen“ noch sein kann, dem geht die Kunsthalle Schirn auf den Grund und beleuchtet das Thema von allen Seiten. Auch wenn die Ausstellung keine Corona-Geburt war, so ist sie doch hochaktuell. Gerade in Zeiten, in denen der öffentliche Raum auf Parks und soziale Interaktion zu Spaziergängen zusammengeschnurrt ist, scheint auch die Kunst nicht umhinzukommen, ihre eigene Praxis hinsichtlich dieser Themen zu befragen. Kann das, was man jeden Tag tut, um den eigenen Schreibtisch für ein paar Minuten zu entkommen, auch Kunst sein? Und wenn ja, wie sieht diese aus…