Marius Babias
VU
Ueli Etter, Ulrike Grossarth, Eran Schaerf
Kutscherhaus, 26.5.-16.6.1989
Auf dem Weg zu seiner Ausstellungstrilogie über die Bedingungen und Erfordernisse zeitgenössischer Kunstpraxis, die den Kunstkritiker in einer initiierenden und den Künstler in einer den Begriff speisenden Position voraussetzt, hat Thomas Wulffen eine weitere, zweite Etappe genommen: VU. Der Ausstellungstitel entleert sich dank seiner Übercodierung (VU könnte für “Mittelwertmessung”, “Velvet Underground” oder auf französisch für “gesehen” stehen) jeglicher Bedeutung von selbst und stellt eine syntaktische Analogie zur vorausgegangenen “A & P”-Ausstellung in der Galerie Zwinger dar, in der die unterschiedlichen Herstellungsverfahren von Kunst der Moderne in exemplarischer Weise mit ästhetisch strukturierten Alltagsgegenständen kontrastiert wurden, und zur im Oktober nachfolgenden “d & s”-Ausstellung im Hamburger Kunstverein (in Zusammenarbeit mit Frank Barth vom Künstlerhaus Bethanien), in deren theoretischer Prämisse und Folge anhand der Problematik von Original und Fälschung die paradigmatische Krise und Chance von Kunst heute aufgezeigt werden wird.
Im Hinblick auf die Ausstellung im Kutscherhaus, die ja üblicherweise durchschnittliche Berliner Malereikost beherbergt (um so höher ist vielleicht die reservierte Offenheit des Kunstsammlers Stober, der die Räume betreibt, dem ambitionierten Projekt gegenüber zu bewerten), ist VU ein methodischer Eingriff und ein programmatischer Entwurf in bezug auf die verarmte Berliner Kunstlandschaft. So ist es auch kein Zufall, daß die Ausstellung in Zusammenarbeit mit Werner Müller, einem der avancierteren Galeristen am Ort (Galerie Zwinger) zustandekam.
Ueli Etter, ein Künstler aus dem Programm Müllers, hat wohl die optisch beeindruckendste Arbeit ausgestellt: dreißig normierte Styroporteile auf Holzsockeln, an der Oberfläche mit Kunstfasern beflockt, deren rötliche Färbung den Eindruck von Samt…