Stuttgart
Vorsicht Kunst!
Das politische Plakat von Klaus Staeck
Staatsgalerie 19.07. – 29.09.2024
von Hans-Dieter Fronz
Die Kunst ist frei steht da auf dem Plakat. Dabei sieht sie ziemlich mitgenommen aus, ein wenig ausgezehrt und angeknabbert sogar, löchrig wie ein Emmentaler Käse. Natürlich hat das Statement über die Kunst auf einem Plakat von Klaus Staeck aus dem Jahr 1987 eine sarkastische Note. In dem Schriftzug ragt das Wörtchen ‚Kunst‘ (und nur es) in den Raum, ins Dreidimensional-Dingliche. In Farbe und Oberflächenbeschaffenheit wirkt es, als wären die Buchstaben einzeln aus einem großen Stück Käse herausgeschnitten worden.
Dieser vielleicht schon schlecht und ungenießbar gewordene Käse gammelt unter einer gläsernen Käseglocke vor sich hin. Die Kunst ist bildlich also alles andere als frei: irgendwie umschlossen, eingeschlossen, luftdicht weggepackt. Das Beispiel ist ein Beleg für Staecks assoziative Phantasie, für seinen Ideenreichtum, auch für die künstlerische Virtuosität und kompositorische Meisterschaft des Plakatkünstlers und Rechtsanwalts aus Heidelberg (der in einem Interview mit einer Publikation der Heidelberger Universität einmal leicht amüsiert anmerkte, dass er bei öffentlichen Auftritten fast ausnahmslos zuerst mit seiner vermeintlich seriöseren Profession – dem Anwaltsberuf – und erst danach als Künstler vorgestellt werde).
Die Kunst unter der Käseglocke: Emblematisch umschreibt das frappierende Bild ihre Unfreiheit und gesellschaftliche Isoliertheit, Wirkungslosigkeit. In welchem Maß sie tatsächlich unfrei war, hatte Staeck bereits bei einem Vorfall 1976 erfahren; der freilich zugleich auch ein Beleg ihrer Wirkmächtigkeit, Emotionen freisetzenden Kraft war. Bundestagsabgeordnete der CDU / CSU-Fraktion hatten unter Führung Philipp Jenningers, des späteren Präsidenten des Deutschen Bundestags, in einer Staeck-Ausstellung in der Parlamentarischen Gesellschaft…