VITUS H. WEH
Vorgekühlte documenta
Das Erscheinungsbild der Nummer 11 stammt von Ecke Bonk
Früher warfen große Ereignisse ihre Schatten voraus, heute ihre Logos. Von der nächsten documenta weiß man beispielsweise fast noch nichts (ihr künstlerischer Leiter Okwui Enwezor hat allerdings bereits ein Team: Sarat Maharaj, Carlos Basualdo, Octavio Zaya, Suzanne Ghez, Mark Nash, Ute Meta Bauer, Hans Ulrich Obrist), aber das Erscheinungsbild steht schon fest. Es stammt von Ecke Bonk. Aber was er entworfen hat, ist kein Logo im Sinne einer Corporate Identity, sondern eine Art Rebus – ein zeichengestütztes Denkbild.
Es ist so ungreifbar wie die Person von Ecke Bonk selbst. Schon dessen Name klingt nach Pseudonym. Als Geburtsort gibt er wahlweise Fontainbleau, Verona, Dublin oder Oslo an. Seine angebliche Adresse “Utopia Parkweg” findet sich auf keinem Stadtplan. Und selbst sein derzeitiger Wohnort, Primersdorf, klingt bei einem, der sich so intensiv wie Bonk mit Drucksachen (frz. imprimé) und Primzahlen beschäftigt, verdächtig. Aber gut gefunden könnte auch erfunden sein. Wie zum Beispiel seine Zusammenarbeit mit der NASA als Berater für typographische Fragen der Spaceshuttle-Mission.
Für Ecke Bonk sind solche Angaben klimatischer Natur. Auf ihre Art sind sie aufschlussreicher als die üblichen Ausstellungslisten. Wenn er auf sein “intensives fernstudium bei erwin schrödinger, wolfgang pauli, jan tschichold und marcel duchamp” verweist, öffnet das tatsächlich die Portale, hinter denen sich Ecke Bonks theoretisches und praktisches Polyversum aus Naturwissenschaft, Kunst, Typographie und Philosophie erstreckt.
Fünf Jahre lang recherchierte Bonk beispielsweise Marcel Duchamps aufwendige technische Verfahren zur Miniaturisierung von 69 seiner Werke. Bonks Detektivarbeit wiederholte nicht nur Duchamps Exzess…