Jens Rönnau
Von Sinnen
»Wahrnehmung in der zeitgenössischen Kunst«
Kunsthalle zu Kiel, 14.7. – 21.10.2012
Stellt sinnliche Wahrnehmung einen eigenen künstlerischen Wert dar? Anhand der Arbeiten von 38 Künstlerinnen und Künstlern lässt sich das jetzt in einer Ausstellung der Kieler Kunsthalle überprüfen. Die Schau, kuratiert von Direktorin Anette Hüsch und ihren Mitarbeiterinnen Natascha Driever und Susanne Petersen, stellt die Sinne des Menschen in den Mittelpunkt und macht damit auch die Teilhabe des Besuchers zu einem zentralen Bestandteil der Unternehmung.
Imposante Berge von Fotoabzügen füllen einen ganzen Saal des Museums, bilden eine Art Landschaft, durch die sich die Besucher hindurchbewegen können. Mehr noch: Man darf die einzelnen Bilder aufheben und betrachten, ihre Positionen ändern. Der eigentliche Betrachter ist also aufgerufen, einzugreifen in dieses Kunstwerk und an der Rauminstallation aktiv mitzuwirken. Dass die einzelnen Bilder dabei Schaden nehmen können, hat der Amsterdamer Künstler Erik Kessels einkalkuliert.
Die starke Arbeit verweist in verschiedenen Ebenen auf die Leitfrage dieser Ausstellung – und beantwortet sie positiv: Zunächst, weil es eben Konzept Kessels ist, dass die Besucher sie nicht nur mit den Augen erleben – was natürlich auch eine sinnliche Wahrnehmung ist, ohne indes, dass hier schon ein künstlerischer Wert abzuleiten wäre. In dem Moment aber, wo das persönliche Erlebnis des Besuchers zum verändernden Faktor des Werkes wird, kann von einem „eigenen künstlerischen Wert“ die Rede sein, weil der Eingriff durch Dritte zugleich der – kaum kontrollierbare – Wille des Künstlers ist. Eine weitere Dimension ist der Umstand, dass jedes der rund 350.000 aufgehäuften Bilder ein Teil der Million von…