Von Mekka nach Venedig
Künstlerische Positionen aus der islamisch geprägten Welt
von Max Glauner
Künstlerische Positionen aus der islamisch geprägten WeltDie Protestbewegungen in islamischen Ländern Nordafrikas und der Levante sorgten 2010/2011 für Euphorie und Zuversicht. Fünf Jahre später ist ihr Bild von Krieg und Angst geprägt. Wie auf der 56. Venedig Biennale kaum anders zu erwarten, stellt sich die muslimische Welt heterogen und widersprüchlich dar. Konformistisches steht neben Eigensinn, politisch Waches neben staatstragenden Nebelmaschinen. Ein Rundgang von Cannaregio über San Polo und Dorsoduro nach Castello.
I. DIE MOSCHEE
Wer sich außerhalb der Venues in den Giardini und Arsenale danach erkundigen wollte, wie es um die Gegenwartskunst bestellt sei, die aus einem islamischen geprägten Hintergrund entstand oder diesen in seinen Erscheinungsformen und Konfliktlinien thematisiert, begann seine Tour im entfernten Cannaregio, am Campo de L`Abbazia in der seit 1973 entweihten Klosterkirche San Maria delle Misericordia.
Denn hier schien in einem katholischen, xenophoben und islamfeindlichen Umfeld gelungen, was kaum jemand für Möglich hielt: Für die Zeit der Biennale konnte als Kunstaktion deklariert, ein ehemaliges Gotteshaus als Versammlungs- und Gebetshaus der islamischen 3000-Seelen-Gemeinde Venedigs umgewidmet werden – das Projekt des Schweizer Künstlers Christioph Büchel „The Mosque“, im Auftrag des Icelandic Art Center (IAC) als offizieller Länderbeitrag Islands (siehe in diesem Band den Bericht im Artikel: „Post-Performance“).
Von außen nicht erkenntlich, innen durch die Installation des Künstlers geschmackssicher zur Moschee transformiert, war die Kirche für knapp zwei Wochen jedem zugänglich ein Ort der Begegnung und des interkulturellen Dialogs. Der Isländische Pavillon machte damit nicht nur auf die enge, jedoch immer noch…