Fragen zur Zeit
Von Klunkern und Klinkern
Aufwallungen global und lokal zwischen Blattgold, rüder Rhetorik und einem Marmorblock am Meeresgrund
von Michael Hübl
Die Erregung war groß – wie so oft in diesen Tagen. Wenn sich der Philosoph Peter Sloterdijk je als Zeitdiagnostiker bewährt hat, dann mit seiner als „Politisch-psychologischer Versuch“ angelegten, von Homers „Ilias“ inspirierten und mit einer Heidegger-Allusion aufpolierten Publikation „Zorn und Zeit“. Dort gelangt er zu dem Schluss, dass „sich im liberalen System bei den unterlegenen Wettbewerbern ein großes Reservoir an Mißgunst und Verdrossenheit“1 ansammle und stellt fest: „Der Zorn wird zum momentum einer Bewegung in die Zukunft.“2 Diese Prognose ist seit dem Erscheinen von Sloterdijks Betrachtungen vor zehn Jahren nicht selten bestätigt worden. So auch am 3. November 2016. Der neue Präsident der Vereinigten Staaten war noch nicht gewählt, mithin durfte – zumindest in deutschen Medien – ein Thema aus dem Bereich Kultur eine Zeit lang die Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Wenige Tage zuvor war die offizielle Bauübergabe des Großprojekts Hamburger Elbphilharmonie erfolgt. „FERTIG“ verkündeten leuchtende Versalien in „Kraftwerk“-Ästhetik. Das „Hamburger Abendblatt“ würdigte das Ereignis in seiner Donnerstagsausgabe – das war an ebenjenem 3. November – mit einer Sonderbeilage. Auf seiner Titelseite allerdings lockte es die Leserschaft mit einer skandalträchtigen Botschaft und vermerkte in der Unterzeile des Aufmachers auch gleich die passende Reaktion: „Politiker empört.“3
Um was es ging, verkündete die Headline: „Hamburg vergoldet mit Steuergeld eine Hauswand auf der Veddel.“4 Im Inneren der Zeitung, die mit ihrer aufgewühlten Berichterstattung nicht alleine war5, wurde der Sachverhalt abermals aufgegriffen…