Von Kassel nach Athen und zurück
Wirbel um Adam Szymczyks documenta-Pläne für 2017
von Dirk Schwarze
Seit 1999 nennt sich Kassel stolz „documenta-Stadt“. Auf jedem Ortsschild prangt der vom Land Hessen zuerkannte Ehrentitel, aber auch auf jedem Müll- und Abwasser-Bescheid, der den Kasseler Bürgern ins Haus flattert. Indem mit jedem städtischen Schreiben im Briefkopf das documenta- Bekenntnis bekräftigt wird, scheint die Zukunft dieser Kasseler Ausstellung zementiert zu werden. Inniger, so schließt man, kann das Verhältnis einer Stadt zu einer sie prägenden Ausstellung nicht sein.
Doch dann genügt eine Abendveranstaltung, um das Selbstbild der Stadt zu zerstören. Die Ankündigung von Adam Szymczyk (vor Kunstfreunden in der Kasseler Kunsthochschule) nämlich, er wolle seine documenta 14 im Jahre 2017 nicht nur in Kassel, sondern auch gleichberechtigt in Athen stattfinden lassen und den griechischen Beitrag zwei Monate vor der Kasseler Schau eröffnen, entlarvte die vermeintliche Idylle als Trugbild. Die Kasseler, die knapp vier Jahrzehnte gebraucht hatten, um sich mühsam an die documenta mit ihren Herausforderungen zu gewöhnen und stolz auf sie zu sein, sehen sich nun als enttäuschte Liebhaber, denen das Objekt ihrer Begierde genommen werden soll. Die bloße Ankündigung, dass es für die documenta 14 einen zweiten Standort geben werde, genügte, um in den Leserbriefspalten der in Kassel erscheinenden „HNA“ (Hessische-Niedersächsische Allgemeine) einen Sturmlauf der Entrüstung auszulösen und Susanne Höll recht zu geben, die in der „Süddeutschen Zeitung“ schrieb, Kassel leide unter dem größten Minderwertigkeitskomplex der Republik. Merkwürdige Züge nahm die Diskussion über den Standort Athen auch deshalb an, weil einige darin Munition für ihre kommunalpolitischen…