Von der Utopie einer Kollektiven Kunst
Herausgegeben von Florian Rötzer in Zusammenarbeit mit Sara Rogenhofer
Vermutlich ist gegenwärtig die Thematisierung von Künstlergruppen überschattet von dem Gefühl, damit eine Intention vorzustellen, die nach dem Zusammenbruch des Sozialismus sowohl als Theorie und Utopie wie auch als real existierende Gesellschaftsordnung anachronistisch geworden ist. Kollektive Produktion in der Kunst ist von dem Versuch nicht zu trennen, gesellschaftlich andere, von Gleichheit, Freiheit und Selbstverantwortung bestimmte Produktionsverhältnisse zu etablieren, die nicht von Konkurrenz und Arbeitsteilung geprägt sind. Die vielen Künstlerkolonien an der Wende des 19. zum 20. Jahrhunderts entstanden denn auch im Kontext von Bewegungen der Lebensreform, waren also der Versuch, im Sinne eines Gesamtkunstwerks, alle Aspekte sozialen Lebens zu verändern, es gemeinschaftlich, wie es Heinrich Hart als Programm der “Neuen Gemeinschaft” formulierte, zum Kunstwerk zu machen oder wie Heinrich Vogeler zu hoffen, daß die Kunst den Alltag ästhetisch mitgestalten müsse. Diese auch gerade um die Zeit der russischen Revolution herum überall entstandene Programmatik der Aufhebung der Kunst in die Gestaltung des Lebens schließt natürlich ein, daß Kunst und Leben ineinander übergreifen und die Trennung von Künstler und Nichtkünstler eingeebnet wird, insofern die gemeinsame Arbeit Ausdruck und Ermöglichung sozialer Interaktion und Kommunikation ist.
Die Utopie gemeinschaftlicher Produktion in “Selbstverwaltung” und als Selbstorganisation neuer Formen des Zusammenlebens ist zumindest historisch stark verbunden mit dem Projekt Sozialismus oder Anarchismus, auch wenn es natürlich zahlreiche Modelle religiöser oder anderer weltanschaulicher Herkunft gegeben hat oder noch gibt. Allerdings ist eine kollektive Produktion von Werken mit dem bewußten Verzicht auf die Urheberschaft des einzelnen…