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Titel: Dialog mit dem Anderen · S. 80 - 81
Titel: Dialog mit dem Anderen , 1991

Jochen Gerz

Von der Kunst 1

– Als hätte in den Jahren, von denen wir selbst ausgehen können, ein einziges Unternehmen – ein Krieg, ein Kunstwerk oder ein Ferienziel – unsere Neurose unterbrochen, unsere welke Anzüglichkeit gestillt oder – kurz: gehalten, was es versprach.

– Nach dir wäre es ja ein Verdienst gewesen, hier zu sitzen die meiste Zeit und an möglichst wenig beteiligt zu sein.

– Wer hat denn im Grund etwas anderes getan? Wer hat sich denn nicht den Bart der Ereignisse umgebunden? Wer hat sich nicht das Gerücht untergeschnallt wie Stelzen? Wer von uns krallt sich nicht wie Pilze in den nackten Stumpf des Sozialen? Von den Zinsen des Abbaus leben, von Wucher verkleidet in Subventionen.

– Ist unsere Kunst nicht neu? Sind die Filme nicht voller Taten? Meine Unterhaltungen können nicht wild genug sein.

– Meine Lektüre muß extravagant sein, sonst werfe ich mich weg. Alles muß für mich sprechen, klagt die kreative Neurose, aber nichts spricht für mich. “Es lebe der Körper”, ruft die Schreibmaschine.

– Eine tumultuöse Fixiertheit auf Kreativität, La Grande Différence, geschmückt mit Platzangst, Vorsorge und Kreditkarte?

– Wenn sich jetzt ein Gedanke zu erkennen gibt als ein Drachen an seiner Schnur, als etwas also, das des Umstands bedarf und dir durchaus Umstand sein will, der also fragt: was für eine Ähnlichkeit gibt es zwischen mir, deinem Drachen und dir, meinem Halter? Was bindet uns jetzt und wie lange? Wenn sich so ein Gedanke zu erkennen gibt, löst er wie manches neue Produkt, manche neue Reklame, Staunen aus. Wir staunen,…

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