Rainer Metzger
Von der Ganzheit des Fragments
Ein Gespräch mit Franz Erhard Walther
Sein „Erster Werksatz“, ab 1963 als strenge Schule der Stoffbahnen und Handlungsanleitungen realisiert, ist die Inkunabel einer deutschen Conceptual Art. Franz Erhard Walther, Jahrgang 1939, ist einer der Protagonisten in jenem Schauspiel, in dem sich eine nicht mehr gattungs- oder objektspezifische Kunst, ein nicht mehr auf Originaliät oder gar Genialität versessener Autor und ein nicht mehr auf Kontemplation erpichtes Publikum zum Kunstbetrieb der Gegenwart formierten. Er hat ab 1967 in der Hauptstadt des 20. Jahrhunderts, in New York, gelebt und noch von New York aus 1971 eine Professur an der Hamburger Hochschule für bildende Künste angetreten.
Auch als Lehrer war er einer der Protagonisten. Illustre Namen wie John Bock, Christian Jankowski, Jonathan Meese und Santiago Sierra genossen seinen Unterricht. Nach mehr als 30 dreißig Jahren wird Franz Erhard Walther zum Ende des Sommersemesters emeritiert. Dies ist der aktuelle Anlass, Revue passieren zu lassen, was aus einer Haltung und aus einem Oeuvre geworden ist, die aus Deutschland kamen und dabei von vornherein international waren und die die Zauberworte des Conceptual wie Ereignis, Körper oder Partizipation immer schon für sich beanspruchten.
Rainer Metzger: Sind Sie eigentlich der Ansicht, dass Ihr spezieller Werkbegriff noch der Unterstützung oder einer gewissen Öffentlichkeitsarbeit bedarf? Oder hat sich nicht alles, was Sie damit verbinden, das Prozessuale, das Handlungsorienterte, das Ereignishafte, auf wunderbare Weise so entwickelt, wie Sie es vor vierzig Jahren meinten?
Franz Erhard Walther: Tatsächlich konnte ich mir Anfang der sechziger Jahre nicht vorstellen, welche Langzeitwirkung mein…