Dirk Schwarze
Von der Domestizierung der Anti-Kunst
„Fluxus AT 50“, Landesmuseum Wiesbaden,
„Benjamin Patterson/ Born in the State of FLUX/us“,
Nassauischer Kunstverein, Wiesbaden, 2.6. – 23.9.2012
Ende 1970 zog Harald Szeemann im Kölnischen Kunstverein eine erste Bilanz der Fluxus- und Happening-Ereignisse, die es seit den 50er-Jahren vornehmlich in den USA und Europa gegeben hatte. Die wichtigste Leistung des zur Ausstellung erschienenen Katalogs bestand in der Bereitstellung einer sehr genauen Chronologie. Nach dieser Aufstellung stand am Anfang der Fluxus-Bewegung eine Reihe von Konzerten, die John Cage 1951/52 am Black Mountain College (North Carolina) gegeben hatte. Diese Konzerte enthielten alle Elemente, die generell die späteren Fluxus-Veranstaltungen auszeichneten: Musik wurde mit Malerei-Aktionen, Filmen, Radio-Beiträgen, Lichtbildern, Tanz und Dichtkunst verbunden. Fließend, wie der Name Fluxus andeutet, gingen die verschiedenen Aktionen ineinander über und schufen eine Art von Gesamtkunstwerk, das die künstlichen Grenzen der Kunstsparten überwand. Zu den Mitstreitern in den ersten Cage-Konzerten gehörten Merce Cunningham, Charles Olson, Robert Rauschenberg, M. C. Richards und David Tudor.
Die Fluxus-Bewegung speiste sich aber noch aus einer ganz anderen Quelle. Während in der westlichen Welt das Bürgertum, die Museen und Galerien damit beschäftigt waren, nach den Zerstörungen des Zweiten Weltkrieges wieder eine stabile Kunstszene herzustellen, besannen sich etliche Künstler auf die verschütteten revolutionären Ansätze der DADA-Bewegung, die ab 1916 für rund fünf Jahre für Furore gesorgt hatte. So wie einst die Begründer von DADA wollten die jungen wilden Künstler der 50er- und 60er-Jahre mit dem traditionellen Kunstverständnis brechen. Sie setzten auf Anti-Kunst, sie wollten provozieren und zerstören. Die Zertrümmerung von Musikinstrumenten gehörte ebenso…