VIOLA MICHELY
Von der Borstenfirle zum Bürstenauto.
“Kunst ein Kinderspiel”
Schirn Kunsthalle in Frankfurt am Main, 9.5. – 18.7.2004
Der doppeldeutige Titel der Ausstellung reizt in zwei Richtungen: Ist Kunst ein Kinderspiel, etwa kinderleicht? Oder: Ist Kunst uns Erwachsenen das, was den Kindern das Spielzeug war?
Beobachtet man kleine Kinder beim Malen, so sind sie in ihrer Unbedarftheit, ja ihrem Selbstbewusstsein zu beneiden: Mehrere Striche kraftvoll übers Blatt, hier ein roter dort ein gelber Fleck, fertig ist das Bild. Bei Befragen können sie jedes Detail benennen mit “Flugzeug, das in die Sonne und dann in eine Höhle fliegt”, oder “Krokodil im Ententeich mit Gänseblümchen”. Es kümmert sie wenig, dass niemand erkennt, was sie gemalt haben. Vielmehr genießen sie es, gefragt zu werden und geben gerne Auskunft. Irgendwann – schon im Kindergarten – verliert sich diese Unbedarftheit. Es scheint, als ob die Farbflecken und Striche ihre symbolische Kraft verloren haben, – außer es sieht genauso aus wie ein Flugzeug oder ein Krokodil. Meist wollen sie’s erst gar nicht probieren, sondern fragen lieber die Erwachsenen, sollen die sich die Blöße geben. Ist das die Folge einer Übermacht der Erwachsenen gegen die sich unterlegen fühlenden Kinder? Wird der Anspruch realistisch bzw. perfekt zu malen von den Erwachsenen vermittelt oder entspricht es dem Bedürfnis der Kinder? Oder ist das Malen eine Form der Kommunikation und bedarf der Wiedererkennbarkeit durch andere?
Durch entwicklungspsychologische Modelle lässt sich die Hemmung nach Lust und Laune zu malen oder etwa zu singen nicht erklären. Der Kinderpsychologe Donald W. Winnicott definiert Kreativität als Notwendigkeit,…