Reinhard Ermen
Von Außen betrachtet
»Linie. Line. Linea. Zeichnung der Gegenwart«
Kunstmuseum Bonn, 11.2. – 16.5.2010
Wo und wie auch immer die Zeichnung besichtigt wird, die Frage, um was es sich dabei eigentlich handelt, muss gestellt werden, nur so erschließt sich das Energiepotential der Gattung. In diesem Falle konzentriert sich die Antwort schon im Titel auf eine eingeführte Position: Die Linie! Dass damit keinesfalls eine Einschränkung gegeben ist, sondern die Fülle des Grundsätzlichen, belegt diese von Volker Adolphs kuratierte Ausstellung in ihrer möglichen Vielfalt. Zum Beispiel in den Bilderromanen von Alexander Roob, der uneingedenk klassisch anmutender Resultate, Grenzerfahrungen als System kultiviert, indem er die eigene Wahrnehmung als Wahrnehmung zeichnet und dabei (um Roobs ehrgeizige Terminologie zu nutzen) die „Linie nicht führt sondern versorgt“. Die 126 Blättern von „Marcel I“ (1999) transportieren in diesem Sinne ein episches AnSich von Bewegungsabläufen, Ortswechseln und Einstellungen in einem Kontinuum mit gelegentlichen Gedankensprüngen, wie ein paradigmatisch-didaktischer Stummfilm, der partiell durch optische Leitmotive zusammen gehalten wird. Lassen die reflektierten Betrachter sich darauf ein, sind sie auch schon mitten im vielsprachigen Diskurs, der durch die Frage nach der Linie in Gang gesetzt wird. Linie? Bei Katharina Hinsberg hat sie sich ohnehin verräumlicht, ja partiell in Leerraum aufgelöst, um auf diese Weise noch elementarer da zu sein. Wo sie auf andere Art verschwindet, etwa in den verschatteten Wiedergängern von Gerhard Faulhaber, der seine „Immigrants“ durch Wärmebild -und Röntgenkameras findet, ist sie als körnige Verwischung anwesend und selbst in den Transparentpapieren der Theresa Lükenwerk, die Techniken des Farbdrucks nacherlebt, ist sie…