Hermann Pfütze
Von Adorno zu Beuys
Ein gängiger Einwand gegen Adornos Ästhetische Theorie ist, sie lasse nur die Kunstwerke gelten, die ihren strengen Begriffen sich fügen. Wer mit dieser Theorie argumentiere, rede im Grunde gegen die Kunst; und künstlerische Praxis, die an Adornos Ästhetik sich orientiere, erliege deren “negativen Prämissen”1, erteile sich selbst Bilde(r)-verbot.
Ein gängiger Einwand gegen Beuys ist, daß er mit seinem “erweiterten Kunstbegriff” und der Rede von der “sozialen Plastik” seine Kunst mit einer Theorie, ja Ideologie, befrachte, die ihr zweifach schade: Einmal werde die ‘Unverständlichkeit’, die der Kunst als Attribut der Autonomie gemeinhin zugestanden wird, mit kunstfremden Ausreden kaschiert. Und zum andern ermuntere diese Theorie Dilettantismus und unbekümmerte Exzentrik jeder Art bei allen, die sich irgendwie erweitern wollen.
Um diese Einwände zu entkräften, wird hier versucht, sowohl Adornos Theorie am Werk eines so engagierten, den Menschen und der Gesellschaft zugewandten Künstlers wie Beuys zu erörtern als auch an dessen Zeichnungen und Plastiken die in ihnen enthaltene Theorie der Dinge hervortreten zu lassen. Eine Theorie der Dinge (genitivus possessivus) und des Gegenständlichen aller künstlerischen Äußerung, die Adornos Begriff des Kunstwerks “als durch und durch Gemachtes”2 wahlverwandt ist.
Die Wahlverwandtschaft zwischen Adornos Ästhetischer Theorie und Beuys’ Kunst zeigt sich an drei Elementen, die beider Werk durchziehen – in jeweils eigener Form und unterschiedlicher Stärke, aber doch ganz deutlich.
Das erste Element ist der “Doppelcharakter der Kunst”, ihr Widerstreit zwischen ästhetischer Autonomie und sozialer Tatsache, zwischen sozialer Plastik und sprödester Konstruktion.
Das zweite Element ist ein pragmatischer, gegenständlicher Begriff des Machens von Dingen, auch Worten…