Vom Marienbildnis zur Höhlenmalerei
Roberto Ciulli, italienischer Theaterregisseur, der das Theater an der Ruhr leitet, sprach mit Heinz-Norbert Jocks über die Bedeutung der Malerei für das Theater
Roberto Ciulli, 1934 in Mailand geboren, ist einer der außergewöhnlichsten Theaterregisseure in Deutschland, der 1980 zusammen mit dem Dramaturgen Helmut Schäfer und dem Bühnenbildner Gralf-Edzard Habben das unorthodoxeste Nicht-Stadttheater, halb Wandertheater, halb feste freie Gruppe gegründet hat. Kein Ensemble im deutschen Sprachraum reist so viel um die Welt wie das Mühlheimer Theater an der Ruhr. Und kein Theater geht freier um mit klassischen und mit zeitgenössischen Stücktexten von Euripides bis Handke.
Für den Regisseur Ciulli und seinem Dramaturgen Schäfer sind die Texte keine heiligen Vorlagen, die „werkgetreu“ auf die Bühne gebracht werden, sondern Fantasiestifter parallel zu den ewiggültigen Inhalten, die von den Autoren verhandelt werden. Ja, anders als andere greifen sie zu dem Stoff, aus dem Theater wird, nicht derart zurück, dass sie diesen als direkte Verbindlichkeit ihres Spiels begreifen. Ist doch für sie Theater eine autonome Kunstform, die dem Alten das Gegenwärtige entlockt. Aber nicht nach einem festen Konzept, das jeden Schritt der Inszenierung schon vor Probenbeginn fixiert. Stattdessen fordert Ciulli per Improvisation den Nullpunkt des Spielens heraus, von wo aus erst das Ungewußte, Ungehörte und Ungesehene erreichbar werden. Anders als andere ist für den Theatermann nicht nur der Regisseur, sondern auch der Schauspieler, der Bühnen- und der Kostümbildner ein seine Kreativität und seine Ideen ins Gesamte einbringender Autor. Von daher versteht er das Theater als ein gemischtes Kollektiv, bestehend aus unterschiedlichen Autoren….