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Magazin: Aktionen, Pläne & Projekte · von Lucius Burckhardt · S. 304
Magazin: Aktionen, Pläne & Projekte , 1985

Lucius Burckhardt
Vom Innern

Spoerris Kuttelfest auf Schloß-Oberstorf

Kunst und Kutteln folgen sich zwar im Wörterbuch recht unmittelbar, liegen aber in der Wertschätzung der Leute weit voneinander. Wohl wünscht man, ins Innere der Natur vorzudringen, aber man schaudert zurück, wenn anstelle des Wesens dann die Eingeweide hervorkommen. Nicht so Daniel Spoerri: gerade bei den Innereien fühlt er sieh wohl. Und er versteht sie auch zuzubereiten.

Über zweihundert Teilnehmer waren zu dem Fest gebeten, an welchem Spoerri, zusammen mit Hofkunst, Luginbühl, Tiilman und Tinguely, Kutteln nach zehn historischen Rezepten kochte. Und für diejenigen, die den Kutteln lieber ausweichen, war ein alternatives Gericht in Aussicht gestellt: Le Cassoulet de Carcassone – mit Kutteln natürlich, wie sich dann herausstellte. Und erst, als alle von den Kutteln probiert hatten, stieß man noch weiter ins Innere vor: Ein Koch brachte Blutwurst und, na, sagen wir: spanische Nieren. Die Tabuisierung der Kutteln gilt übrigens nur für Völker, welchen Feudalzeit und Leibeigenschaft noch die unmittelbare Vergangenheit bilden. Wenn da geschlachtet wurde, so kam das Fleisch ins Schloß, der Kopf, das Blut, die Klauen und die Gedärme aber blieben bei den Bauern. Die Hochschätzung der Innereien, die guten Rezepte für Kutteln und Füße entstammen Kulturen mit freien, verstädterten Bauern, die das ganze Tier selber verwerteten: hier entstanden die Kutteln nach Zürcher Art, Florentiner Art, oder das provenzalische Kuttelnpaket. – Erst Spoerri brachte die Kutteln ins Schloß!

Aber jenseits alles Gesellschaftlichen bleibt das Kuttelessen eine Paradoxie. Kutteln sind Verdauungsorgane, und zu ihrem Wesen gehört es, daß sie sich selber nicht verdauen. Wieso löst…


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von Lucius Burckhardt

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