Vom Denken und Vorstellen der Turbulenzen
Karlheinz Barck
Ästhetische Utopie, Politik:
Ideologiekritik nach dem Zerfall der Geschichtsphilosophiiie
Ist die seit den 80er Jahren virulente Debatte über die Aktualität des ästhetischen Ausdrucks eines neuen Eskapismus, Symptom romantischer Nostalgie und Resignation angesichts der Erfahrung des Verschleißes politischer Utopien, die jetzt unter den Verdacht des Diktatorischen und Totalitären gestellt werden? Oder ist sie auch und anders kritische Bilanz und Erinnerung an Vergessenes und Verdrängtes wie es Carlos Fuentes in einem Vortrag zum Columbusjahr 1992 in der scheinbar paradoxen Formel ausdrückte, es käme nun darauf an, “die Erinnerung an die Zukunft durch Imagination der Vergangenheit” zu befördern?
Weniger eine Debatte über die Kunst und kritische Reflexion auf Kunst durch Wiederaufnahme von Hegels Frage nach dem Ende der Kunst, ist es eher eine um die Perspektiven einer “sozialen Ästhetik” (Michel Maffesoli) im Rahmen der Möglichkeiten und Grenzen von Demokratie als Erfahrungsraum in einer die “Zivilgesellschaft (im Sinne Gramscis) bedrohenden und von der dominanten und dominierenden Logik des Kapitals bestimmten uniformierenden einheitlichen Weltordnung. Epizentrum einer gegenwärtigen “véritable révalorisation de l’esthétique” (Thomas Pavel 1993, 99) ist mithin ein erweitertes (und erneuertes) Verständnis von Ästhetik, das seine Stichworte zwar immer auch aus der Geschichte der Künste bezieht, an dessen Horizont sich aber ein darüber hinausweisendes “neues ästhetisches Paradigma” (Félix Guattari 1992) abzeichnet.
Mit der Überschreitung traditioneller, auf Kunstmodelle fixierter Reflexion wird einerseits ein singulärer und emphatischer Begriff von Kunst hinfällig. Der von Benjamin kritisierte “Gebietscharakter der Kunst” löst sich auf. Andererseits wird das die verschiedenen Bereiche des Wissens und der Praxis gegeneinander…