Christian Huther
Vom Besteck bis zur Bettwäsche
ZUM DARMSTÄDTER MUSEUM DER KÜNSTLERKOLONIE
Kunst und Leben sollten miteinander versöhnt werden, aber die Darmstädter Künstlerkolonie bestand nur von 1899 bis 1914. Seither liegt Darmstadt, was die avantgardistische Kunst betrifft, im Dornröschenschlaf. Nun wurde in Darmstadt Anfang Mai das Museum der Künstlerkolonie eröffnet. Im Ernst-Ludwig-Haus, auf der Südseite der Ausstellungshallen gelegen, erstreckt sich über 350 Quadratmeter die in den letzten Jahren zusammengetragene Sammlung von Möbeln und verschiedenen Gebrauchsgegenständen, entwarfen doch die lebensreformerischen Künstler buchstäblich alles – vom Besteck bis zur Bettwäsche, vom Sessel bis zum Gartenzaun.
Begonnen hatte es vor der Jahrhundertwende damit, daß sich der Großherzog Ernst Ludwig (1868-1937) für die englische “arts and crafts”-Bewegung interessierte. Zwei Mitglieder richteten ihm 1896 zwei Räume im Neuen Palais ein; drei Jahre später, am 1. Juli 1899, berief er sieben Künstler nach Darmstadt: Peter Behrens, Rudolf Bosselt, Paul Bürck, Hans Christiansen, Ludwig Habich, Patriz Huber und an der Spitze den erfolgreichen Wiener Architekten Joseph Maria Olbrich. Sie sollten die Ausstellung “Ein Dokument Deutscher Kunst” ausrichten, die am 15. Mai 1901 eröffnet wurde. Da man zusammen arbeiten und leben wollte, wurde eine zu errichtende Kolonie zum Thema der ersten Schau.
Das Bau- und Ausstellungsgelände lag auf der zuvor kahlen Mathildenhöhe, wo die jungen Künstler (meist um die 30 Jahre alt, einige sogar noch jünger) Jugendstilbauten errichteten. Im von Olbrich entworfenen Atelierhaus – wo nun das Museum untergebracht ist – arbeiteten die Architekten, Kunsthandwerker und Maler; in die Künstlerhäuser, die sich beidseitig der Achse vom Atelierhaus hügelabwärts erstreckten, zog man sich…