Eduard Beaucamp
Vom Bescheidenen zum Maßlosen
Eduard Beaucamp, 1937 in Aachen geboren, war von 1966 bis 2002 Kunstkritiker der F.A.Z. Er studierte deutsche Literaturgeschichte, Kunstgeschichte und Philosophie an den Universitäten Freiburg, München und Bonn mit Promotionsabschluss bei Benno von Wiese. Als Kunstkritiker sich frühzeitig für die Avantgarde um Joseph Beuys einsetzend, äußerte er in den frühen 70ern als einer der Ersten Zweifel an der fortdauernden Vitalität der Moderne. Seine besondere Aufmerksamkeit und Wertschätzung gilt der Kunst der ehemaligen DDR, vor allem der Leipziger Schule. Seit jeher verfolgte er das Wirken und zur Maßlosigkeit neigende Treiben privater Sammler, von denen er mehr Augenmaß und Bescheidenheit fordert. Heinz-Norbert Jocks traf ihn in Frankfurt zum Gespräch.
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Heinz-Norbert Jocks: Wie sehen Sie die Sammler?
Eduard Beaucamp: Es gab die idealistischen Nachkriegssammler wie Josef Haubrich und Bernhard Sprengel, die noch während des Dritten Reiches die diffamierte und verfolgte Moderne gesammelt hatten. Einige Kunsthändler wie Ferdinand Möller in Berlin hielten die verbotenen Bilder in Hinterräumen ihrer Galerien bereit. Haubrich, der als Erster bereits nach 1945 mit einer ziemlich umfassenden Sammlung deutscher und französischer Moderne aufwarten konnte, dedizierte diese schon 1946 der Stadt Köln. Das war ein unglaubliches Anschubkapital, ein Grundstock der Moderne im Wallraf-Richartz-Museum. Sprengel schenkte seine Sammlung in den 70er Jahren der Stadt Hannover. Diese idealistischen Sammler rissen uns damals lernbegierige, junge Kunstliebhaber durch ihren souveränen Überblick und großbürgerlichen Geschmack mit. Sie trugen ihre Kollektionen eigenständig zusammen. Peter Ludwig, der sich anfangs antiker und mittelalterlicher Kunst verschrieben hatte, war dann gegen Ende der 60er Jahre der erste große Sammler…