Gabi Czöppan
Volker Tannert
Galerie Bernd Klüser, 6.12.1988-5.2.1989
Er inszeniert keine grobschlächtige Gewalt mehr im Bild, keinen Krieg und keinen Tod mehr, aber gewaltig leere Landschaften unterpathetisch geblähtem, grell rotem Licht und violett leuchtendem Himmel, entweste Sandgründe und verlassene Berghänge mit Relikten vergangener und moderner Zivilisation: menschenleere Lehmhüttenkegel und gestrandete Industriefässer, kleine Miniaturpanzer und brennende Betten, geschrumpfte Lastzüge mit klassizistischen Triumphbögen und geborstenen Stradivaris.
Im “Frühlingsreigen” (1987) läßt Volker Tannert Geigen auf erdigem Wiesengrund zersplittern, beim “New Guinea TV” (1987) setzt er einen schwarzen Ureinwohner mit weißer Maske nicht als “Kannibalen in Manhattan”, sondern mitten im Dschungel vor einen Fernsehapparat. In ironischer Aneignung tradierter Formen weichen der visionär romantische Bildentwurf und die überzeitlichen Utopien vergangener Tage einem zeitgemäßeren Kultur- und Kunstkommentar. Tannert weiß längst, daß “in der Kunst alles schon einmal dagewesen ist” und daß der Künstler heute nur die alten Formen mit neuen Inhalten aufzuladen bzw. zu kommentieren hat. Handwerklich perfekt aufgetragen, mit orange grundierten, räumlich tief schimmernden Farblagen und lodernden Pinselschlägen versucht er, mittels altbekannter Malrituale die vertrauten Botschaften zu erschüttern. Immer noch steht für Tannerts Malerei die Friedrichsche Landschaft als Ausdruck eines ganz persönlichen Stimmungs- und Seherlebnisses, frei von kultischer und historischer Aussage, Pate. Sein seriöser Anspruch auf Auf- und Bewertung alter Topoi, auf ästhetische Hinterfragung der Malerei scheint aber in der frechen Aneignung von historischen Bildklischees auf einen dünnen Grat gestellt.
Teufelchen wirbeln da wie beim Jüngsten Gericht durch loderndes Flammeninferno, grell gelb, orange und rot. Neben wiegenden Zypressengipfeln tanzt eine Madonna den Berghang hinab; auf einem anderen Bild fügt…