Vittorio Magnago Lampugnani
Architektonische Strategien gegen den Konsumismus
Ein Gespräch von Herbert KOPP-OBERSTEBRINK
Das große Thema des Architekten und Architekturhistorikers Vittorio Magnago Lampugnani (*1951 in Rom) ist die Architektur der Stadt, sei es die Entwicklung der abendländischen Stadt (Die Stadt von der Neuzeit bis zum 19. Jahrhundert. Urbane Entwürfe in Europa und Nordamerika, 2017) oder die der Großstadt in der Moderne (Die Stadt im 20. Jahrhundert. Visionen, Entwürfe, Gebautes, 2011). Charakteristisch für seine Weise der Darstellung ist, dass sie Baugeschichte mit ideen- und kulturgeschichtlichen Ansätzen verbindet. Sein Wissen um das große Ganze und dessen historische Linien verbindet Lampugnani mit einem analytischen, kulturwissenschaftlich geprägten Blick für das Detail. Bedeutsame Belanglosigkeiten. Kleine Dinge im Stadtraum ist denn auch eine seiner Publikationen überschrieben, ein Titel, der nicht darüber hinwegtäuschen sollte, dass das Ganze der Stadt und des urbanen Lebens ihrer Bewohner*innen auch und gerade über die Details des Stadtraums, über Kanaldeckel, Straßenbeläge, Brunnen und dergleichen zu erschließen oder zu erzählen ist.
Lampugnanis historischer Sinn geht Hand in Hand mit einer ausgeprägten theoretischen Neigung, aber auch mit großer Lust zur Intervention in seine Gegenwart, die auch in konkreten architektonischen Projekten wie dem Novartis-Campus (Basel) oder dem Richti-Quartier (Wallisellen bei Zürich) ihren Niederschlag gefunden hat. So wirkt er als genauer Beobachter städtebaulicher Entwicklungen unserer Zeit und kritischer Kommentator zum Diskurs über Stadt, Planen und Bauen. Auf der Basis einer scharfen Kritik am Konsumismus bezieht seine jüngste Veröffentlichung Gegen Wegwerfarchitektur. Dichter, dauerhafter, weniger bauen (2023) klar Stellung gegen den vorschnellen Abriss von Gebäuden und plädiert für eine neue…