Jean-Hubert Martin und Benjamin H. D. Buchloch
Visuelle Schocks als Katalysator
Vorgespräch zur Ausstellung “Magiciens de la Terre” (paris 1989)
Die Ausstellungskommission der vielbesprochenen Weltkunst-Ausstellung “Magiciens de la Terre” (“Magier {oder Zauberer} der Erde”) hat unter der Devise “Sortir du ghetto de l’art occidental” zu einer weltweiten Bestandsaufname des zeitgenössischen Kunstschaffens Alaska und die australische Wüste, Arizona und China, Japan, Westafrika und Südamerika bereist. Der verantwortliche Kommisar, Jean-Hubert Martin, pries “Magiciens” als die erste Ausstellung, die dem Wort international wirklich gerecht werde, weil sie künstlerische Werke aus der ganzen Welt vereine. 100 Weltkünstler wurden nach europäischen bzw. westlichen Kriterien ausgewählt. Die Begründung für die Mammutschau, die über vier Jahre Vorbereitungszeit und einen Etat von 6 Millionen Mark verschlang, lautete: Es sei jetzt an der Zeit, die gewohnten Kategorien und die geographischen und kulturellen Grenzen, die die Meinungen über das Verhältnis der verschiedenen Kulturen gespalten und pervertiert hätten, zu überschreiten. “Magiciens de la Terre” war ein Versuch, die sonst als “Kunsthandwerk” oder “Primitive Kunst” abgewerteten zeitgenössischen Arbeiten aus der Dritten Welt gleichberechtigt neben die Kunst der westlichen Welt zu stellen. Beim Gang durch die Künste der Welt meldeten sich einige skeptische Frager: Wie können wir diese Werke verstehen? Müssen wir sie verstehen? – Benjamin Buchloh unterhielt sich vor Ausstellungsbeginn mit Jean-Hubert Martin über einige grundsätzliche Fragen und Probleme. Allen S. Weiss unterzog die Ausstellung einer kompetenten Kritik.
Avantgarde: zwischen Zentrum und Peripherie
B.B.: In Diskussionen der letzten Jahre ist die Frage kultureller Dezentralisierung als zunehmend wichtig in den Vordergrund getreten. Dazu gehören Bemühungen, traditionelle…