“Vielleicht befinden wird uns an einer Schnittstelle, wo Kunst kein Thema, kein Gegenstand mehr ist”
HEINZ SCHÜTZ IM GESPRÄCH MIT ELISABETH SCHWEEGER, LEITERIN DES MÜNCHNERS MARSTALLS
Vor fünf Jahren wurde Elisabeth Schweeger als Leiterin des Münchner Marstalls berufen. Unter ihrer Leitung entwickelte sich die einstige ein Schattendasein führende Experimentierbühne des Bayerischen Staatsschauspiels zu einer grenzüberschreitend in den aktuellen künstlerischen und gesellschaftlichen Diskurs eingreifenden Institution.
*
H.S.: Das von Ihnen gestaltete Programm umfaßt Installationen, Performances, Theatervorstellungen, Konzerte, Lesungen, Vorträge, Symposien und reicht hin bis zur theoretischen und praktischen Auseinandersetzung mit den elektronischen Medien. Der Marstall ist Teil des Bayerischen Staatsschauspiels. Wie reagiert die doch eher konservative Institution auf die Reichweite Ihres Programmes?
E.S.: Ich würde sagen befremdet, zumindest am Anfang. Dann gab es eine gewisse Akzeptanz und seit dem Brecht-Abend von Flatz ist es wieder etwas mühsamer geworden. Die Flatz-Aktion war im Rahmen der Feierlichkeiten zu Brechts hundertstem Geburtstag vorgesehen und wurde zuerst verhindert, inzwischen aber durchgeführt. Diese Aktion hat Polarisierungen zu Tage gebracht, die im Untergrund ohnehin permanent schwelten. Das ist auch noch nicht ausgestanden. Die Theaterleute verstehen grundsätzlich nicht, warum derartige Veranstaltungen überhaupt durchgeführt werden sollen. Ich bin davon überzeugt, daß es dabei nicht nur um die Überwindung einer Hemmschwelle geht, sondern um eine grundsätzliche Abgrenzung gerade auch in Bezug auf die neuen Medien. Obwohl etwa die Arbeit von Granular Synthesis äußerst theatralisch ist und die Gruppe über Musik und Medienbilder einen ganz neuen, extremen Umgang mit der Körperlichkeit entwickelt hat, können diejenigen, die heute die Theater betreiben, darin kein Denkmodell und auch kein…