Walter Grasskamp
Video in Kunst und Leben
Ansichten und Interviews über den magischen Spiegel
Zwei Videokulturen
Als im Frühjahr 1978 der Aachener Videosammler Hans Backes die Einladungen zu seinem Video-Workshop in der Neuen Galerie-Sammlung Ludwig in die Lande schickte, unterließ er das Naheliegende, nämlich auch die Aachener Videowerkstatt einzuladen – nicht weil er deren Arbeit mißbilligt hätte, sondern schlicht, weil er sie nicht kannte. Aus dem selben Grund ist Hans Backes auch nie zu den Workshops der Aachener Videowerkstatt eingeladen worden, die im Hochschuldidaktischen Zentrum der TH Aachen stattgefunden haben, und die ihn vielleicht interessiert hätten. Diese Anekdote wäre nicht der Rede wert, hätte sie nicht beispielhafte Bedeutung: sie ist symptomatisch für die bundesdeutsche Videoszene überhaupt, die in zwei großen Gruppen zerfällt, welche nebeneinander her und ohne groß voneinander Kenntnis zu nehmen vor sich hin arbeiten, mit ähnlichen Zielen, ähnlichen Erfahrungen, vor allem aber: mit dem selben Medium.
Diese beiden abgekapselten Videokulturen kann man grob durch das soziale Umfeld charakterisieren, in das sie sich eingenistet haben: in den Kunstbetrieb einerseits und verschiedene Spielarten lokaler und politischer Öffentlichkeit andrerseits. Beide sind aber nur die kleine Spitze eines Eisbergs, dessen unsichtbarer Teil aus gutem Grund kaum zu sehen ist: die älteste und häufigste Art der Videoverwendung ist die Videoüberwachung.
Argusaugen
In dem Film “Der amerikanische Freund”, den Wim Wenders frei nach einem Roman von Patricia Highsmith gedreht hat, geschieht ein Mord in der hypermodernen Metro-Station des Wohnmaschinen-Neubauviertels La Défense im Westen von Paris. Anschließend versucht der dilettantische Täter, eine herunterkommende Rolltreppe hinaufzulaufen, irrt panisch durch das Betongelände,…