SABINE MÜLLER
Victoria Bell – Space Engines
Flottmann-Hallen, Herne, 5.4. – 29.6.2003
In jede einzelne Arbeit müsse alles Wissen, das man hat, einfließen. Dieser Satz von Victoria Bell impliziert beides – auf der Seite des Betrachters beim besten Willen nicht zu erschöpfende Deutungsmöglichkeiten, Betrachtungsweisen und sinnliche Eindrücke, auf der Seite der Künstlerin die Fähigkeit, ein universales Wissen, das Abgrenzungen zwischen Kunst und Naturwissenschaft so wenig kennt wie zwischen Figuration und Abstraktion, in eine ästhetische, konkrete Form zu bringen. Eine Form, die der Massivität des Holzblocks, besser noch, des kapitalen Baumstammes, verpflichtet ist. Diese archaischen Würfe scheinen über eine Art Innenleben zu verfügen, das ihnen Unabhängigkeit und die Freiheit gibt, aus dem Boden herauszuwachsen, sich zu drehen und in die Luft abzuheben. Vergangenheit und Zukunft prallen in ihnen aufeinander. Sie fordern die Utopie, ein großräumiges Denken. Victoria Bell ist nicht nur durch ihre Auseinandersetzung mit den Erkenntnissen der Physik, der Relativitätstheorie bis hin zu den neuesten Forschungen zur fraktalen Geometrie sensibilisiert für futuristische Denkmodelle. Aus naturwissenschaftlicher Sicht schrumpfen die Zeit- und Raumdimensionen der Menschheitsgeschichte zusammen. Angesichts der jahrmillionenlangen Dauer der (immer noch andauernden) Evolution sind uns die Ausdrucksformen früher oder außereuropäischer Kulturen sehr nahe.
Aber die Arbeit an der “ewigen” Form verlangt ein Gegengewicht in der Art der persönlichen Annäherung. Trotz ihrer wuchtigen Volumen erscheinen die Skulpturen niemals monströs, sie bleiben auf einer menschlichen Bezugsebene. Der Umgang mit dem Material ist sehr feinfühlig, sehr persönlich. Die sensitiven Oberflächen des Holzes lassen die sorgfältige Hand spüren, die mit Säge, Axt, Beitel, ohne den Einsatz von…