PETER FRANK
USA – Blickpunkt Westcoast
NEUE GESICHTER – NEUE PERSPEKTIVEN
Die Liste der amerikanischen Künstler, die zur DOCUMENTA IX eingeladen sind, umspannt ein aus amerikanischer Sicht breites stilistisches Spektrum; einige der Künstler sind so bekannt, daß man sie eher in einem Standardwerk der Kunstgeschichte denn in einer zeitgenössischen Sammelausstellung suchen würde. Daneben ist eine ganze Reihe von Künstlern aufgeführt, die man in den USA außerhalb ihrer unmittelbaren Umgebung kaum kennt (wenn auch einige von ihnen dabei sind, sich in Europa einen Namen zu machen). Diesem Gewirr von Stilrichtungen und Empfindungen liegt jedoch eine bestimmte meta-ästhetische Auswahl-Logik zugrunde.
Natürlich haben sich die Amerikaner bisher noch mit jedem documenta-Programm schwergetan, da die Konzepte der umtriebigen Kuratoren mehr oder weniger extravagant und vielseitig ausfielen. (Rudi Fuchs’ documenta 7, die den absoluten Schwerpunkt auf jugendliche Energie legte – ein Grundelement der damals vorherrschenden East-Village-Szene -, war da schon ein wenig einfacher zu begreifen, aber nur ein wenig.)
Eine solche Überlegung – oder Vorstellung – ist dem Amerikaner, dessen Sichtweise eher auf empirische Buchstabentreue baut, ziemlich fremd. Eine geschwätzig-intellektuelle und dennoch schwärmerisch-geniale Denkweise ist den Amerikanern allerdings mittlerweile nicht mehr ganz so fremd, nachdem in den letzten zehn Jahren in den USA eine wahre Flut von Galerie- (bisweilen auch Museums-) Ausstellungen zu verzeichnen war, deren kuriose, verwässerte Konzepte häufig auf modisch-philosophischen Denkgebäuden basierten. Doch ist es nach wie vor eine Denkweise, die für die meisten Amerikaner nicht nachvollziehbar ist. Was wir Amerikaner bezüglich der documenta noch lernen müssen, ist, daß – anders als alle zwei Jahre vorgenommene Bestandsaufnahmen…