Dirk Schwarze
Urs Lüthi – »Spazio Umano«
Von der Bewegung zur Überblendung
Kasseler Kunstverein, 12. – 27. Dezember 2009
Zwischen den beiden großen Ausstellungen in den Hamburger Phönix-Hallen und im Museo d’Arte Contemporanea Roma war Urs Lüthis Schau „Spazio Umano“ im Kasseler Kunstverein nur ein kleiner kammermusikalischer Auftritt. Gleichwohl erlaubte diese konzentrierte Auswahl einen tiefen Einblick in das Wesen von Lüthis Schaffen, in sein selbstironisches Spiel mit der eigenen Figur und zu den ewigen Fragen nach der Identität und Geschlechterrolle.
Kassel hatte doppelten Grund, den in München lebenden Urs Lüthi (Jahrgang 1947) zu feiern und ihm zu danken. Da ist einmal sein Werk, das im steten Wandel begriffen ist und sich doch immer wieder im Kreise zu drehen scheint, ohne sich zu wiederholen. Dafür erhielt er den Arnold-Bode-Preis, der ein heimlicher documenta-Preis ist und den Lüthi als documenta-Teilnehmer von 1977 eigentlich schon viel früher hätte erhalten müssen, etwa 1990, als er erstmals im Kasseler Kunstverein ausstellte. Ein weiterer Dank gebührt Urs Lüthi für seine inspirierende Lehrtätigkeit an der Kunsthochschule Kassel seit 1994. Denn der Schweizer Künstler ist im Laufe der Jahre zu wohl wichtigsten und produktivsten Anreger an der Kunsthochschule geworden.
„Spazio Umano“ hieß die Ausstellung – menschlicher Raum. Doch wer ist dieser Mensch, der den Raum beanspruchen will? Lüthi antwortet zwar vielstimmig, doch seine Auskunft schafft keine Klarheit. Am besten zu studieren ist das an der kleinen Bronze, die gleichzeitig in zwei entgegen gesetzten Richtungen zu laufen scheint und die an Stelle des Hinterkopfes über ein zweites Gesicht verfügt. Das eine Gesicht blickt…