Schweiz
Urs Lüthi
Andy Guhl, Norbert Möslang
Kommissar: Urs Straub
siehe auch Interview
Das Gemenge (oder die Masse?) des sozialen Austauschs war noch nicht gänzlich in “Elementarteilchen” zerfallen, da beschwor Urs Lüthi die Eine Welt: “One World” (1989) nannte er eine schwarzweiße Fotoarbeit, die bildfüllend den Torso einer Frau darstellt. Mit der Linken hält sie eine Scheibe oder Kugel im Schoß. Sie leuchtet so hell, dass selbst der embryonale Schatten in ihrem Innern von einer Lichtaura umfasst wird. Auch wenn die beinahe androgynen kleinen Brüste der Frau nicht unbedingt mit der Kugelform korrespondieren, so mag man gleichwohl an weibliche Schöpfungsmythen oder wenigstens an Sigmund Freuds Theorie, dass alle Kultur ihren Ursprung in sexueller Sublimation habe.
Auch in Venedig gibt Lüthi dem Publikum die Kugel. Im Hauptraum des Schweizer Pavillons sieht man den Künstler in Duane Hanson-Manier nachgebildet. Hier waren vor zwei Jahren die Relikte einer gleichermaßen kargen wie bombastischen Installation von Roman Signer zu sehen: An einer Drahtseilkonstruktion hatte Signer Eisenkugeln befestigt; sie wurden durch einen Zündmechanismus aus ihrer Halterung gelöst und plumpsten nun mit ihrem ganzen Gewicht auf darunter liegende Tonbatzen. Im gleichen Ambiente jetzt also Lüthi. Ausgestattet mit den Insignien einer vollfitten Freizeitgesellschaft (Sonnenbrille, Shorts, Adidas-Schuhe) lagert er locker auf einem breiten Sockel. Lüthi hat offenbar ebenfalls die Schwerkraft genutzt. Aber braucht keinen großen Aufwand, er setzt auf “Low Action Games”: Unter den entspannt nach unten weisenden Fingern seiner hoch erhobenen linken Hand liegt ein Pingpongball. Pinkfarben. Wie bemerkte doch Lüthi im Titel einer Arbeit von 1996: “The personal dissolves so easily…